Erläuterungsliste im Wortlaut:
(1) Anwendungsbeginn dieser Norm ist 2018-10-01.
Für DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06 besteht eine Übergangsfrist bis 2020-07-07. Die Norm ist für die sofortige Anwendung bei neuen elektrischen Anlagen sowie bei Änderungen oder Erweiterungen vorhandener elektrischen Anlagen vorgesehen.
Eine Anlage, die sich in Planung/Bau befindet, aber erst nach dem 2020-07-07 fertig gestellt sein wird, muss somit den Anforderungen der Ausgabe von Oktober 2018 entsprechen.
Aus den Anforderungen dieser Norm ist eine Nachrüstpflicht für bestehende Anlagen nicht abzuleiten.
Mit dieser Neuausgabe wurde DIN VDE 0100-739 (VDE 0100-739):1989-06 zurückgezogen, weil die Sachverhalte in der neuen Ausgabe enthalten sind.
(2) Der in Abschnitt 411.3.1.2 umformulierte Text, der sich auf den Schutzpotentialausgleich für Metallteile, die in Gebäude eingeführt werden, bezieht, dient der Klarstellung und enthält keine neuen Anforderungen.
(3) Abschnitt 411.3.2.1 fordert nun, dass Schaltgeräte für die Schutzmaßnahme Automatische Abschaltung im Fehlerfall, Trenneigenschaften (siehe IEC 60417, Symbol 6169–1) haben müssen. Geräte zum Trennen und Schalten sind in DIN VDE 0100-530 (VDE 0100-530):2018-06 Anhang B enthalten.
Dies ist die Umsetzung einer Anforderung aus der Sicherheitsgrundnorm für den Schutz gegen elektrischen Schlag (DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11; Abschnitt 8.4) und stellt eine wichtige Voraussetzung für das sichere Arbeiten an elektrischen Anlagen dar (5 Sicherheitsregeln).
(4) Die Anpassung der Abschaltzeiten nach Abschnitt 411.3.2.2 gelten nun auch für Steckdosen mit einem Bemessungsstrom bis einschließlich 63 A, da mittlerweile Betriebsmittel mit höheren Bemessungsströmen (z. B. Ladesäulen) existieren.
(5) Des Weiteren wurde im selben Abschnitt 411.3.2.2, Tabelle 41.1 der Wert für Gleichspannung 120 V < U0 ≤ 230 V von 5 s auf 1 s reduziert. Der neue Wert berücksichtigt weitere physiologische Effekte (z. B. thermische und chemische Prozesse) und nicht wie bisher nur das Herzkammerflimmern als physiologischen Effekt.
(6) Die bisher in 411.3.2.5 beschriebenen Maßnahmen hatten keinen Bezug zur automatischen Abschaltung. Um zu verdeutlichen, dass es sich um eine Ersatzmaßnahme handelt, wurde dieser Sachverhalt in Anhang D verschoben und aktualisiert.
(7) Die Anforderungen in Abschnitt 411.3.3 wurden auf Steckdosen bis einschließlich 32 A Bemessungsströme erweitert. Grund dafür war die Anpassung an international einheitlich festgelegte Bemessungsströme von Steckdosensystemen, die für die Benutzung durch Laien und zur allgemeinen Verwendung bestimmt sind, z. B. Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge.
(8) In der Anmerkung zu 411.3.3; 1. Spiegelstrich sind Aussagen zur Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) enthalten.
Die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV) gilt für Unternehmen aus dem Handwerk, der Industrie, dem Dienstleistungsbereich und Behörden.
Das Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung ist Aufgabe der Unternehmensleitung. Eine Übertragung dieser Unternehmerpflichten an Führungskräfte oder an externe fachkundige Personen oder Institutionen (ganz oder teilweise) ist möglich.
Die Gefährdungsbeurteilung ist die systematische Ermittlung und Bewertung relevanter Gefährdungen der Beschäftigten mit dem Ziel, die erforderlichen Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit festzulegen.
Auszug aus § 3 BetrSichV „Gefährdungsbeurteilung“
(1) Der Arbeitgeber hat vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen zu beurteilen (Gefährdungsbeurteilung) und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten.
(2) In die Beurteilung sind alle Gefährdungen einzubeziehen, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln ausgehen, und zwar von
1. dem Arbeitsmittel selbst,
2. der Arbeitsumgebung und
3. den Arbeitsgegenständen, an denen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden.
…
(6) Der Arbeitgeber hat Art und Umfang erforderlicher Prüfungen von Arbeitsmitteln sowie die Fristen von wieder¬kehrenden Prüfungen nach den §§ 14 und 16 zu ermitteln und festzulegen, ...
Ferner hat der Arbeitgeber zu ermitteln und festzulegen, welche Voraussetzungen die zur Prüfung befähigten Personen erfüllen müssen, die von ihm mit den Prüfungen von Arbeitsmitteln ... zu beauftragen sind.
(7) Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen. Dabei ist der Stand der Technik zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, sind die Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln entsprechend anzupassen …
Technische Schutzmaßnahmen haben Vorrang vor organisatorischen und vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen.
Das Benutzen von Arbeitsmitteln an Steckdosen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach BetrSichV betriebsspezifisch festzulegen.
Folgender Aspekt der Verlautbarung vom 2009-05-15 ist mit der Erläuterung zu Anmerkung 411.3.3, 1. Spiegelstrich zur Betriebssicherheitsverordnung (siehe oben) abgedeckt:
„Im gewerblichen und industriellen Bereich kann es nach Auffassung des UK 221.1 gemäß Abschnitt 2.3 von VDE 0022:2008-08 vertretbar sein, dass von den normativen Festlegungen der DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06 abgewichen wird, wenn durch Planer/Auftraggeber und Errichter einer elektrischen Anlage im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung ein anderer mindestens gleichwertiger Schutz sichergestellt wird. Das durch das Arbeitsschutzgesetz vorgegebene Schutzziel muss nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) auch während der Betriebsphase dauerhaft sichergestellt sein.“