Nachhaltigkeitskonzept, dargestellt mit Sprechblasenstickern
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26.09.2022 Fachinformation

Kreislaufwirtschaft – Circular Economy als nachhaltige, gesamtwirtschaftliche Produktion

Die Circular Economy, im Deutschen auch bekannt als Kreislaufwirtschaft, ist ein Alternativmodell zur Linearwirtschaft, die seit dem Beginn der Industrialisierung die weltweiten Wirtschaftsmodelle dominiert hat.

Ziel der zirkulären Wirtschaft ist eine Erhöhung der Ressourceneffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere mit Blick auf die endlichen Ressourcen des Planeten.

Normen, Standards und Maßnahmen sollen helfen, dieses Ziel schon bei der Produktion zu berücksichtigen, um Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit zu vereinen.

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Dr. Tim Brückmann
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Was ist Circular Economy? Definition der Kreislaufwirtschaft

Während der deutsche Begriff der Kreislaufwirtschaft häufig nur das Trennen und das Recycling von Abfall beschreibt, umfasst die gleichnamige Übersetzung der Circular Economy mehr als nur die Abfallwirtschaft: Nachhaltige Kreislaufwirtschaft beschreibt hier einen Wertstoffkreislauf, der bereits beim Design von Produkten beginnt. Abfall wird hier nicht nur als Müll, sondern vielmehr als Ansammlung von Wertstoffen gesehen.

Neben einer korrekten Verwertung spielen hier eine langlebige Konstruktion und Instandhaltung, die Reparierbarkeit, Wiederverwendung und etwaige Um- und Zweitnutzung von Produkten eine wichtige Rolle.

Die Circular Economy hat neben dem wirtschaftlichen Erfolg also vor allem den schonenden Umgang mit Rohstoffen zum Ziel.

Circular Economy bedeutet aus diesem Grund insbesondere:

  • Bereits bei der Materialauswahl wird die Recyclingfähigkeit berücksichtigt, um Bestandteile effizient als Sekundärrohstoffe zurückzugewinnen.
  • Im Designprozess wird auf die Umweltverträglichkeit des verwendeten Materials geachtet, damit Gesundheits- und Umweltgefahren beim Recycling vermieden werden.
  • Beschädigte Produkte werden repariert, anstatt direkt entsorgt.
  • Produkte bleiben durch Wiederverwendung und Aufbereitung sowie durch Umnutzung oder Zweitnutzung möglichst lange im Kreislauf.
  • Gemeinschaftliche Nutzung (Sharing- & Leasing-Angebote) von Produkten verringert die Gesamtheit der produzierten Produkte („Product as a Service“).

Abgrenzung von Linearwirtschaft & Kreislaufwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft gilt als nachhaltiges Gegenmodell zur Linearwirtschaft, bei der noch immer ein Großteil verwendeter Rohstoffe nach Nutzungsdauer der Produkte deponiert oder verbrannt wird und somit dem Wertstoffkreislauf entzogen werden. Verbraucher*innen haben darüber hinaus das Problem, dass beschädigte Produkte oftmals nicht oder nur mit erheblichem Aufwand repariert werden können.

Produkte der Linearwirtschaft sind in der Regel nicht dafür konstruiert, eine Reparatur zuzulassen, denn hier gilt die Verwertungslogik „produzieren, nutzen, wegwerfen“.

Die Kreislaufwirtschaft funktioniert hingegen nach dem Prinzip „produzieren, nutzen, recyclen“ und kennt mehrere Strategien der (Wieder-)Nutzbarmachung: Wiederverwenden („Re-use“), Reparieren („Re-pair“) oder Wiederaufbereiten („Re-manufacture“) sind einige dieser Maßnahmen. 

Konzept der Circular Economy

Konzept der Circular Economy

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Kreislaufwirtschaftsgesetz & weitere gesetzliche Richtlinien

Am 1. Juni 2012 trat das offizielle Kreislaufwirtschaftsgesetz als überarbeitetes Abfallgesetz in Kraft. Ziel des neuen Gesetzes ist es, die Kreislaufwirtschaft in der EU zu fördern und eine umweltverträgliche und nachhaltige Bewirtschaftung von Abfällen zu sichern.

Bei der Maßnahme geht es weniger um die Verwertung von Abfällen – das Gesetz greift schon viel früher in den Abfallkreislauf ein: Ziel des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist es, vor allem deponierte Abfälle zu reduzieren. An erster Stelle steht also die Vermeidung von Abfällen („Re-duce“) – zum Beispiel, indem auf Verpackungsmaterialien verzichtet wird.

Auch 2012 verabschiedet wurde das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm, um Ziele, Ideen und Handlungsansätze zum Schutz natürlicher Ressourcen festzulegen. Eine weitere Maßnahme ist der Circular Economy Action Plan der EU-Kommission von 2015. Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft setzt sich ebenfalls zum Ziel, die europäische Wirtschaft von einer linearen zu einem zirkulären, nachhaltigen Kreislauf zu verbessern. In diesem Zusammenhang ist auch die europäische „Plastikstrategie“ zu nennen, welche eine erhebliche Reduzierung von Einmal-Kunststoffen vorsieht sowie eine Ausweitung der Recyclingquote.


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Branchen & Beispiele: Kreislaufwirtschaft gewinnt an Bedeutung

Automobilindustrie, Bau, Kunststoffindustrie, Textilindustrie, Elektrotechnik — in jeder Branche, die auf Rohstoffe angewiesen ist, spielt die Kreislaufwirtschaft eine wichtige Rolle. Gerade bei Produkten des täglichen Gebrauchs — wie Smartphones oder Tablets — oder beim Thema E-Mobilität wird der Umgang mit begrenzten Ressourcen und deren Verbleib (siehe Mikroplastik, aber auch Elektroschrott in Afrika) auch in der Öffentlichkeit immer stärker diskutiert, wodurch ein erhöhtes Interesse an der Umsetzung des Prinzips der Circular Economy entsteht.

Beispiele für Kreislaufwirtschaft:

1. Smartphones sind bisher nicht konzipiert, um langfristig nutzbar zu sein

  • Der Designprozess der Produkte bzw. die fehlenden Gedanken zu Nachhaltigkeit machen Reparaturansätze entweder technisch unmöglich oder wirtschaftlich nicht rentabel.
  • Ein einfacher Glasbruch kann bereits dazu führen, dass Verbraucher*innen ihr Gerät nicht mehr nutzen können. Weder von Hersteller- noch von Nutzerseite besteht allerdings ein Anreiz für eine Smartphone-Reparatur: Smartphone-Hersteller profitieren in erster Linie von Neuanschaffungen, weshalb Reparaturservices teuer und deshalb bei Verbraucher*innen unbeliebt sind.
  • Das Phänomen Obsoleszenz, also das geplante Veralten von Produkten, trifft Smartphones ebenfalls häufig. Technische Geräte werden nicht aufgrund von Alter oder Verschleiß entsorgt, sondern funktionieren zum Beispiel durch fehlende / nicht bereitgestellte Software-Updates nicht mehr richtig.

Kreislaufwirtschaftliche Ansätze bemühen sich, sowohl das Produktdesign von Smartphones zu revolutionieren, indem sie den Austausch von Ersatzteilen und Verschleißteilen vorsehen. Aber auch die Rückgewinnung von wichtigen Elektronik-Bestandteilen wird hier bereits mitgedacht.

2. Traktionsbatterien für E-Autos

Obwohl führende Automobilhersteller den Akkus von Elektrofahrzeugen eine bis zu zehnjährige Haltbarkeit bescheinigen, drängt sich die Frage nach der Verwertung dieser Traktionsbatterien auf.

  • Das Recycling einer Lithium-Batterie ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Um an die einzelnen Bestandteile des Batteriesystems zu gelangen, müssen die einzelnen Zellen geöffnet und somit letztendlich beschädigt werden. Hierbei kann es zu internen Kurzschlüssen bei noch nicht entladenen Batterien kommen, was eine Entzündung des Inhalts zur Folge hätte. Zudem können die in den Zellen enthaltenen Lithium-Verbindungen mit der Luftfeuchtigkeit reagieren, was ebenfalls zu einer enormen Hitzeentwicklung führt.

Eine Firma in Niedersachsen verwertet als eine der ersten Lithium-Ionen-Batterien durch ein sicheres ressourcen- und energieschonendes Niedertemperaturverfahren. So können wertvolle Rohstoffe ohne Erhitzen und Einschmelzen zurückgewonnen und der Batterieproduktion wieder zugeführt werden. 

Statt Traktionsbatterien in ihre Bestandteile zu zerlegen, werden sie außerdem als stationäre Energiespeicher eingesetzt und so umgenutzt. Großprojekte wie die Johan Cruijff ArenA in Amsterdam verwenden ausgediente Akkus, um 3 Megawatt Strom zu speichern. Dieser wird durch die Solarmodule auf dem Stadiondach erzeugt.

3. Digitaler Produktpass

Der Digitale Produktpass ist ein spannender Ansatz, um Produktdaten für die Wiederverwertung zu sichern. Er soll die Nachverfolgbarkeit des Lebensweges eines jeden Produkts ermöglichen sowie Aufschluss über den CO2-Fußabdruck und die enthaltenen Stoffe liefern.

Der Digitale Produktpass liefert standardisierte Daten für langlebige Industrieprodukte und bringt damit die Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft zusammen. Verbraucher*innen können damit außerdem nachvollziehen, unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen ein Produkt hergestellt wurde.


Eine Asphaltstraße, welche umgeben von Bäumen ist
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Normungsroadmap Circular Economy

Das Produkt von heute ist der Rohstoff von morgen. Damit neue Geschäftsmodelle in der Circular Economy Anwendung finden, benötigen sie Normen und Standards als Grundlagen, denn diese geben Industrien eine gemeinsame Sprache und stellen damit eine klare Kommunikation und einen geeigneten Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Marktakteuren im Kreislauf sicher. Die Roadmap benennt die Normungsbedarfe für sieben entscheidende Sektoren der deutschen Wirtschaft. 

Zur Normungsroadmap Circular Economy

Ziele & Vorteile der Kreislaufwirtschaft

Ziel einer Kreislaufwirtschaft muss es sein, vom Produktdesign bis hin zur Entsorgung einen nachhaltigen Umgang mit den verwendeten Rohstoffen und der eingesetzten Energie anzustreben. So wäre es beim Smartphone-Beispiel technisch möglich, noch funktionstüchtige Baugruppen aus einem entsorgten Gerät auszubauen und in der Produktion eines neuen Geräts einzusetzen. So könnten kostbare und nicht erneuerbare Ressourcen effektiv wiederverwendet werden.

Die konsequente Einführung der Kreislaufwirtschaft hat unter anderem folgende Vorteile:

  • Sie verringert die negativen Auswirkungen auf die Umwelt, in dem sie dem Abbau von natürlichen Ressourcen sowie dem globalen Elektroschrottproblem entgegenwirkt.
  • Ist die Wiederverwendung bestehender Baugruppen technisch möglich und weniger kostspielig als eine Neuproduktion, lohnt sich Kreislaufwirtschaft auch wirtschaftlich für Unternehmen.

Hierfür müsste es sowohl für Verbraucher*innen als auch für die Produktion deutlich mehr wirtschaftliche Anreize zur Reparaturmöglichkeit geben, beispielsweise in Form von Fördergeldern seitens der Politik.


Arbeitsgruppe Elektrotechnik & IKT

Dr. Jens Giegerich, Leiter der Arbeitsgruppe, über

  • zirkuläre Normen und Standards für Elektrotechnik & IKT
  • die Herausforderungen der Circular Economy und die Rolle von Normen und Standards
  • den Nutzen der Normungsroadmap Circular Economy von DIN und DKE und wo sie helfen kann

Maßnahmen auf dem Weg zur Circular Economy

Politische Maßnahmen auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Regeln, Gesetze und Umsetzungspläne, wie beispielsweise das Kreislaufwirtschaftsgesetz oder der EU Circular Economy Action Plan, sind bereits gute Ansätze zur Erreichung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Auch das deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess III) liefert auf politischer Ebene Ideen zur Umsetzung einer Circular Economy mit Recycling, Upcycling und Co. Mit der gemeinsamen Normungslandkarte leisten DIN, DKE und VDI einen wertvollen Beitrag zu diesem Programm der Bundesregierung – denn Normen und Standards haben einen festen Platz in allen Strategien zur Effizienzmaximierung.

Aus diesem Grund wurde eine gemeinsame Normungsroadmap Circular Economy erarbeitet, die Unternehmen eine weitere Hilfestellung bei der Umsetzung gibt. Normen und Standards im Bereich der Circular Economy verringern deutlich den Forschungsaufwand auf Unternehmerseite.

Die Kick-off-Veranstaltung fand am 21. Oktober 2021 statt. Nach den Kick-offs der einzelnen Arbeitsgruppen im Januar 2022 arbeiteten alle interessierten Expertinnen und Experten rund ein Jahr kollaborativ an den Inhalten zur Roadmap. Zur Abstimmung fanden regelmäßige Arbeitstreffen statt. Für die weitere digitale Zusammenarbeit steht außerdem noch die Kollaborationsplattform DIN.ONE bereit, auf der die Erstellung der Inhalte zusammenläuft.

Die Normungsroadmap Circular Economy von DKE, DIN und VDI wurde am 19. Januar 2023 in Berlin vorgestellt und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) in Empfang genommen.

Für weitere Fragen steht Ihnen Dr. Tim Brückmann gerne zur Verfügung. Die Normungsroadmap Circular Economy wird gefördert durch das BMUV.

Normen & Standards: IEC-Norm zur Umsetzung der Circular Economy

Abseits gesetzlicher Vorgaben halten Normen und Standards Mindestanforderungen fest und bieten Leitfäden für die Umsetzung einer ressourcenschonenden Circular Economy im eigenen Unternehmen. Dadurch bieten sie den Unternehmen mehrere Vorteile:

  • Best Practices müssen nicht kosten- und zeitintensiv selbst entwickelt werden.
  • Das Einhalten von Normen und Standards kann als Qualitätsmerkmal gegenüber Kund*innen kommuniziert werden.
  • Normen und Standards erlauben Interoperabilität, beispielsweise zwischen produzierenden Unternehmen und Entsorgern.

So enthält beispielsweise die internationale Norm IEC 62430 wertvolles Know-how für die Umsetzung von Circular-Economy-Strategien im Design- und Produktionsprozess von Produkten. Unternehmen, die ihre Erzeugnisse umweltbewusst gestalten möchten, erhalten mit der Norm IEC 62430 somit einen Leitfaden zur Strukturierung ihrer Prozesse und Produkte.

Expertengremium DKE/K 191 & Gremium IEC/TC 111

Im Expertengremium DKE/K 191 werden Querschnittsnormen und Leitfäden zur umweltgerechten Gestaltung von Produkten der Elektrotechnik und Elektronik erarbeitet. Einen Schwerpunkt bilden hierbei Normen und Standards zur Behandlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten. Auch das Thema „Re-use“, also die Behandlung von Elektronik-Altgeräten, welche für eine weitere Verwendung vorgesehen sind, wird von den Expert*innen des Gremiums diskutiert. Nicht zuletzt werden hier nationale Normungsinteressen in den europäischen und internationalen Gremien IEC/TC 111x und IEC/TC 111 vertreten, welche sich in den Arbeiten des Gremiums DKE/K 191 widerspiegeln.

Bei dem Gremium IEC/TC 111 handelt es sich um ein internationales Umweltgremium auf IEC-Ebene – hier werden keine Produktnormen erstellt. Stattdessen entsteht hier das übergeordnete Werkzeug zum Erstellen von einzelnen Produkten. Solche „Life Cycle Assessments“ helfen dabei, von Anfang an richtig zu bewerten, welchen ökologischen Fußabdruck das Produkt hat und ob der Nachhaltigkeitsaspekt eingehalten wird.


Arbeitsgruppe Batterien

Dr. Christian Rosenkranz, Leiter der Arbeitsgruppe, über

  • den Einfluss der neuen EU-Batterieverordnung auf die Normung im Batteriebereich
  • die Herausforderungen der Circular Economy und die Rolle von Normen und Standards
  • die Ziele der Arbeitsgruppe Batterien für das Jahr 2022

Fazit: Mit Circular Economy auf dem Weg zu wirtschaftlicher Nachhaltigkeit

Circular Economy meint weit mehr als das Bekenntnis zur Vermeidung und zum Recycling von Abfallprodukten. Politik und Wirtschaft streben eine Abkehr von der Linearwirtschaft an, indem Produkte bereits vor ihrem Entstehen im Hinblick auf ihre weitere Verwertung konzipiert werden.

Die Beispiele zur Durchsetzung einer Kreislaufwirtschaft zeigen: Das Umdenken hat bereits begonnen, doch der Weg ist weit. Gemeinsame Standards und neue Technologien zur Wiederverwertung und Umwertung von Produkten sind der Schlüssel zu einem neuen Wirtschaftssystem, das vom Produktdesign über die Reparierbarkeit bis hin zur Wiedergewinnung von Sekundärrohstoffen dem Ziel der Ressourceneffizienz folgt.  

Redaktioneller Hinweis:

Die im Text aufgeführten Normen können Sie nach Veröffentlichung beim VDE VERLAG erwerben.

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