Interview mit Marco Knödler und Dr. Jan Schumacher
DKE: Bei funktionaler Sicherheit sind i. d. R elektrische, elektronische und programmierbare elektronische Systeme gemeint. Mechanische Bauteile werden nicht berücksichtigt. Auf europäischer Ebene arbeiten Sie aktuell an einer CEN-Norm, bei der es um die Sicherheit mechanischer Bauteile geht. Warum ist dieses Normungsvorhaben notwendig und wie werden Sicherheitsanforderungen hierfür angewendet?
Knödler: Das ist grundsätzlich das weit verbreitete Verständnis von funktionaler Sicherheit, da IEC 61508 als „Mutternorm“ die E/E/PE-Komponenten im Fokus hat. Die wesentliche Leitfrage für wirksame Risikoreduktion durch instrumentierte und automatisierte Sicherheitsfunktionen lautet jedoch: Welche Komponenten sind Teil des sicherheitskritischen Pfads und müssen fehlerfrei arbeiten, damit die Sicherheitsfunktion spezifikationsgemäß ausgeführt wird?
Die Antwort schließt allgemein und speziell in der Prozessindustrie zwangsläufig mechanische Komponenten ein, damit beispielweise Einfluss auf Medienströme genommen werden kann. Nur so kann die Risikoreduktion wirksam erreicht werden, für die das Sicherheits-Integritätslevel (SIL) steht. Aus diesem Grund stehen die entsprechenden Armaturen im Fokus des CEN-Normungsvorhabens. Das Normungsvorhaben richtet sich an Hersteller sowie Endanwender der Prozessindustrie, die sich an VDI/VDE 2180 Blatt 4 orientieren.
Schumacher: Ich stimme Herrn Knödler zu, dass mechanische Komponenten häufig das finale Element einer Sicherheitskette sind. Sensorik und Logik können noch so gut sein – bei einem Versagen der Aktorik ist keine Risikoreduktion gewährleistet. Das Normungsvorhaben wird Herstellern ermöglichen, ihre Produkte so zu gestalten und zu bewerten, dass Endanwender die nötigen Kenngrößen erhalten und die Bewertungen eine einheitliche Basis haben.