Damit Strom jederzeit unproblematisch fließen kann, bedarf es verschiedenster Schaltanlagen, die die elektrische Energie umspannen, übertragen und verteilen. Der Einsatz solcher Schaltanlagen in der Energieversorgung reicht von Niederspannungsschaltgeräten am Wegesrand, die Strom an Haushalte weiterleiten, bis hin zu Stromrichterstationen, die dafür zuständig sind, Energie über weite Entfernungen hinweg zu übertragen; beispielsweise von im Meer liegenden Windparks zu den im Landesinneren liegenden Ballungsräumen und -zentren.
Thermische Gefährdung durch Störlichtbögen: Schutzmaßnamen durch Normen und Standards
Was ist ein Störlichtbogen und wie entsteht ein Störlichtbogen?
Wird die Spannungsfestigkeit einer Isolierstrecke so weit verringert, dass es zu einem Überschlag, Durchschlag, Entladung oder elektrisch leitendem Kanal kommt, und liegt ein ausreichend großes Potentialgefälle mit einer ausreichend großen anstehenden elektrischen Leistung vor, dann kann sich daraus ein energiereicher Störlichtbogen (eng. arc fault) entwickeln. Im Gegensatz zu einem Lichtbogen, der beim Schweißen entsteht und somit gewollt ist, tritt ein Störlichtbogen in einer Schaltanlage zwar nur sehr selten, dafür aber unerwünscht auf.
Da ein Störlichtbogen (auch als „Fehlerlichtbogen“ bezeichnet) mehrere tausend Grad Celsius heiß ist, werden Materialien verdampft und Gase ionisiert; die Materie in einem solchen Störlichtbogen liegt dann als leitendes Plasma vor.
Welche Gefahren gehen von einem Störlichtbogen aus?
Beim Auftreten eines Störlichtbogens entwickeln sich in innerhalb weniger Millisekunden ein enormer Druck, eine Plasmasäule und Temperaturen von mehreren tausend Grad Celsius. Gegenstände in der Umgebung können entzündet werden. Unter allen Umständen müssen Personenschäden vermieden werden.
Die größten Gefahren für das in der Anlage arbeitende Personal durch das Auftreten von Störlichtbögen sind unter anderem:
- giftige Gase
- elektrischer Schlag
- akustisches Trauma
- schwere Verbrennungen
Störlichtbögen können somit schwerwiegende Folgen haben – von Materialschäden bis hin zu Personenschäden. Aus diesem Grund ist es erforderlich, das Auftreten von Störlichtbögen zu verhindern und die Gefährdung für Mensch und Material zu minimieren. Expertinnen und Experten aus unterschiedlichsten Branchen und Bereichen bringen ihre spezifischen Kenntnisse im Umgang mit Schaltanlagen und über die potenziellen Gefahren von Störlichtbögen in die Erarbeitung von Normen und Standards bei der DKE ein, um Unfälle zu vermeiden und allen beteiligten Personen den erforderlichen Schutz zu bieten.
Wie tragen Normen und Standards zum Schutz gegen Störlichtbögen bei?
In verschiedenen Gremien werden nationale und internationale Normen und Standards erarbeitet. Auf nationaler Ebene werden
- Ausrüstungen und Geräte zum Arbeiten unter Spannung im Expertengremium DKE/K 214,
- Niederspannungs-Schaltanlagen (Anlagen ≦ 1000 Volt AC und ≦ 1500 Volt DC) im Expertengremium DKE/UK 431.1 und
- Hochspannungs-Schaltanlagen (Anlagen > 1000 Volt AC und > 1500 Volt DC) im Expertengremium DKE/UK 432.2 betreut.
Obwohl es elektrische Schaltanlagen bereits seit Jahrzehnten gibt, besteht weiterhin reger Bedarf, bestehende Normen zu aktualisieren und neue Normen zu erarbeiten. Die in den Expertengremien der DKE erarbeiteten Normen, Standards und technischen Spezifikationen behandeln diese Thematik, indem sie Verfahren prüfen und Richtlinien entwickeln, anhand derer Schutzmaßnahmen wirkungsvoll eingesetzt werden können.
Normen geben so beispielsweise verschiedene Klassen vor, in die sich die Schutzmaßnahmen einteilen lassen, abhängig davon, ob es sich bei den Anlagen um geschlossene oder offene Systeme handelt, ob Personen oder Anlagen geschützt werden sollen, es sich um störlichtbogengeprüfte oder -geschützte Zonen handelt, zu denen Personal Zugang hat und ob es sich dabei um einen eingeschränkten oder uneingeschränkten Zugang handelt.
Darüber hinaus unterteilt sich der Schutz von Anlagen in aktiv und passiv. Normen für den aktiven Schutz beschäftigen sich mit Systemen wie Lichtdetektoren, die erkennen, wenn ein Störlichtbogen entsteht und innerhalb von Sekundenbruchteilen das Löschen desselben initiieren. Normen für den passiven Schutz von Schaltanlagen geben hingegen vor, wie Systeme konstruiert sein müssen, um die Entstehung von Störlichtbögen zu vermeiden und zu beherrschen.
Die Gründe, warum Störlichtbögen in elektrischen Anlagen entstehen, sind vielfältig. Angefangen bei Montagemängeln und Fehlern bei Wartung und Inspektion über Isolationsfehler und schlechte Kontaktierungen bis hin zu Nagetieren, die in die Schaltanlage gelangen. Normen bieten als VDE Bestimmungen, hinsichtlich der genannten Aspekte, die Rahmenbedingungen für Konstruktion, Installation und den sicheren Betrieb von elektrischen Anlagen.
Lichtbogenversuchsstand und Auslösung eines Störlichtbogens
Das National Arc fault Research Center (NARC) der Technischen Universität Dresden beschäftigt sich mit der Untersuchung von stromstarken Stör- und Schaltlichtbögen in der Niederspannung.
Die persönliche Schutzausrüstung kann Leben retten
In den Normen finden sich aber nicht nur die Rahmenbedingungen für die Verwendung elektrischer Anlagen wieder, sondern darüber hinaus auch Regeln und Leitlinien für die persönliche Schutzausrüstung (PSA). Die einzelnen Bestandteile der persönlichen Schutzausrüstung sollen neben der eigentlichen Schutzfunktion einen guten Tragekomfort bieten, also nicht zu schwer und klobig sein, damit sie gerne getragen werden und die Fachkraft beim Arbeiten nicht behindern.
Normen für die persönliche Schutzausrüstung, die vor der thermischen Gefährdung eines Störlichtbogens schützen, beschreiben die hierzu notwendigen Anforderungen an Textilien und Kleidung.
Normen geben ebenfalls an, welchen Prüfverfahren die Kleidung unterzogen werden muss, zum Beispiel der Box-Test. Prüfverfahren sind für alle Beteiligten wichtig, weil nur so sichere Aussagen darüber getroffen werden können, wie die entsprechenden Materialien beschaffen sein müssen und welchen Stressbedingungen sie ausgesetzt werden können, um Menschen effektiv zu schützen.
Bestandteile der persönlichen Schutzausrüstung gegen die thermische Gefährdung durch Störlichtbögen sind unter anderem:
- Schutzkleidung
- Elektrikerschutzschirm/-visier
- Berufs-/Schutz-/Sicherheitsschuhe/Stiefel
- Kopfschutzausrüstung mit Schutzwirkung gegen elektrische Risiken
- Elektrikerschutzhandschuhe, isolierende Ärmel, NH-Aufsteckgriffe (Stulpe)
Die Ergebnisse der in Normen geforderten Prüfungen geben Auskunft, ob eine persönliche Schutzausrüstung einem Lichtbogen widerstehen und einer Person ausreichenden Schutz bieten kann. Doch auch eine derartige Ausrüstung schützt nur wirkungsvoll bis zu einem bestimmten Energieniveau. Die Intensität eines Störlichtbogens und die Bedingungen, unter denen er entsteht, sind nicht eindeutig vorhersehbar und die Auswirkungen von unterschiedlichen Faktoren abhängig, beispielsweise in welchem Abstand sich eine Person zur Anlage befindet.
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Normen zur Vermeidung und zum Schutz gegen Störlichtbögen
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Redaktioneller Hinweis:
Die im Text aufgeführten Normen und Standards können Sie beim VDE VERLAG erwerben.
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