Einem Messwert kann nur dann vertraut werden, wenn das benutzte Messgerät und Messverfahren für die gestellte Messaufgabe geeignet ist. Insbesondere im Strahlenschutz, bei der Messung ionisierender Strahlung, mit sehr niedrigen Grenz- und Richtwerten bei vorhandenem natürlichem Strahlungsuntergrund, ist das keine triviale Angelegenheit.
Messung ionisierender Strahlung: Leitfaden zur Anwendung überarbeitet
Lösungen aus der Strahlungsmessung schaffen übertragbare Messverfahren
Ermittelte und zu ermittelnde Werte werden nicht selten mit möglichst vielen Stellen hinter dem Komma angegeben, die eine nicht vorhandene Präzision der Messung vorgaukeln. Vor allem sehr niedrig angesetzte Grenz- und Richtwerte stellen für Messgeräte und Messverfahren oftmals eine Herausforderung dar. Die im Bereich der Strahlungsmessung gefundenen Lösungen sind aber geeignet, auch für anderen Messaufgaben angewandt zu werden:
- Die „Erkennungsgrenze“ erlaubt eine Entscheidung darüber, ob der durch die Messgröße quantifizierte physikalische Effekt vorliegt oder nicht.
- Die „Nachweisgrenze“ gibt an, welcher kleinste wahre Wert der Messgröße mit einem anzuwendenden Messverfahren und -gerät noch nachgewiesen werden kann. Sie erlaubt somit eine Entscheidung darüber, ob Messverfahren und -gerät den gestellten Anforderungen genügen und damit für die gestellte Messaufgabe geeignet sind oder nicht.
- Die „Vertrauensgrenzen“ schließen im Fall, dass das Vorliegen des physikalischen Effekts erkannt wird, einen Vertrauensbereich ein, der mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit den wahren Wert der Messgröße enthält. Somit stehen diese Grenzen für die mit dem betreffenden Messergebnis verbundene Messunsicherheit.
Die Entscheidung, ob ein anzuwendendes Messverfahren und -gerät den gestellten Anforderungen bezüglich des Nachweises des durch die Messgröße quantifizierten physikalischen Effekts genügt, wird durch den Vergleich der Nachweisgrenze mit dem vorgegebenen Grenz- oder Richtwert getroffen:
- Liegt die Nachweisgrenze über dem Grenz- oder Richtwert, ist das Messgerät bzw. Messverfahren für die Messaufgabe nicht geeignet.
- Liegt der Messwert unterhalb der Nachweisgrenze, aber über der Erkennungsgrenze, sollte nicht „nicht messbar“ angegeben werden, sondern anstelle des ermittelten Messwerts „kleiner als xxx (die Nachweisgrenze)“.
Zu jedem Messwert muss zwingend die zugehörige Messunsicherheit angegeben werden.
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Leitfaden enthält praktische Beispiele zur korrekten Anwendung
Zum 1. März 2024 ist der Anwendungsleitfaden (Teil 4 der Normenreihe DIN EN ISO 11929) zur Bestimmung der Nachweis- und Erkennungsgrenze sowie des Vertrauensbereichs bei der Messung ionisierender Strahlung in überarbeiteter Fassung erschienen. Die Reihe besteht aus den folgenden Normen:
- DIN EN ISO 11929-1 (VDE 0493-9291)2021-11 Elementare Anwendungen
- DIN EN ISO 11929-2 (VDE 0493-9292)2021-11 Fortgeschrittene Anwendungen
- DIN EN ISO 11929-3 (VDE 0493-9293)2021-11 Anwendung von Entfaltungstechniken
- DIN EN ISO 11929-4 (VDE 0493-9294)2024-03 Anwendungsleitfaden
Während Teil 1 der Normreihe ISO 11929 allgemeine Anwendungen zur Bestimmung der Nachweis- und Erkennungsgrenzen sowie der Vertrauensgrenzen und Definitionen zur Strahlungsmessung beschreibt, beinhalten Teil 2 und Teil 3 komplexere Modelle.
Der Anwendungsleitfaden (Teil 4 der Normenreihe) liefert nach einer kurzen Darstellung des Verfahrens Beispiele, welcher Teil der Normenreihe in welcher Weise in häufigen Situationen angewandt werden kann.
Die insgesamt 13 numerischen Beispiele zur Anwendung der Reihe ISO 11929 in DIN EN ISO 11929-4 (VDE 0493-9294) sind:
- das einfache Modell einer zählenden Messung mit geringen oder moderaten relativen Unsicherheiten, das in der überwiegenden Mehrheit der Labormessungen zum Einsatz kommt,
- ein Beispiel der Messung von Alphateilchen mit wenigen Zählereignissen,
- eine zählende Messung mit unsicherer Messgeometrie, bei der die Unsicherheiten des Kalibrierfaktors groß sind und als Folge eine dominierende Unsicherheit im Zähler des Kalibrierfaktors auftritt,
- eine zählende Messung in Form eines Wischtests, bei der die Unsicherheiten allgemein groß sind und eine dominierende Unsicherheit im Nenner des Kalibrierfaktors auftritt,
- eine Messung, bei der große Unsicherheiten als Folge einer Abschirmung des Nulleffekts auftreten, wie es z. B. bei Messungen mit einem Portalmonitor der Fall ist,
- eine Freigabemessung einer Sammelprobe von Beton mit einer speziellen Messeinrichtung unter Berücksichtigung der natürlichen Radioaktivität der Probe,
- das allgemeine Modell für die Gamma-Spektrometrie von U-235 unter Berücksichtigung einer Interferenz von Ra-226,
- eine Messung einer Umgebungs-Äquivalentdosisleistung mit einer Messanordnung unbekannter Funktionalität und Algorithmen, d. h. eine sogenannte Black-Box-Messung, bei der keine Informationen über das Messverfahren vorliegen und lediglich die abgelesen Werte einer Anzeige verfügbar sind,
- der Fall zählender Messungen mit zufälligen Einflüssen der Probenbehandlung,
- eine zählende Messung mit bekanntem Einfluss des Probenbehandlungsverfahrens,
- der Fall eines aktiven Personendosimeters, bei dem die der Bruttogröße zugeordnete Standardunsicherheit konstant ist und damit die Berechnung der Standardunsicherheit als Funktion des wahren Werts der Messgröße erlaubt,
- eine Messung der Dosisleistung mit einem Neutronenortsdosimeter, bei der die aktuellen Anzahlen der Brutto- und Untergrundmessung unbekannt sind,
- ein einfaches Beispiel für die Berechnung des Kalibrierfaktors.
Redaktioneller Hinweis:
Die im Text aufgeführten Normen und Standards können Sie beim VDE VERLAG erwerben
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