Konzept der Technologie zur Überprüfung der Gesundheit mit Smartwatch.
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20.11.2023 Fachinformation

Tragbare Technologien verbessern den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen

Tragbare Technologien in der medizinischen Pflege ermöglichen einen einfacheren Zugang zu medizinischer Behandlung und verbessern die Überwachung der Gesundheit von Patientinnen und Patienten. Es gibt allerdings Herausforderungen, die jedoch mit Hilfe von IEC-Normen bewältigt werden können.

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Von Fergal Ringrose

Unter tragbaren medizinischen Technologien versteht man Geräte, die Patientinnen und Patienten an ihrem Körper befestigen und die Daten für Ärztinnen bzw. Ärzte, Gesundheitsdienstleister, Versicherer und andere relevante Parteien liefern.

Beispiele hierfür sind Fitnesstracker, Blutdruckmessgeräte und Biosensoren. Diese sogenannten Wearables kombinieren meist Hardware, Software und mobile Anwendungen, die mit der Cloud verbunden sind und personenbezogene Gesundheitsdaten sammeln, übermitteln und analysieren.

Seit COVID-19 boomt der Markt für intelligente Wearables im Gesundheitsbereich. Nach Angaben des Beratungsunternehmens Verified Market Research wurde der Wert des weltweiten Marktes für intelligente Wearables im Gesundheitsbereich im Jahr 2020 auf 13,8 Mrd. USD geschätzt und soll bis 2028 voraussichtlich 37,4 Mrd. USD erreichen, bei einer jährlichen Wachstumsrate von 13,1 Prozent von 2021 bis 2028.

Die Prävalenz chronischer Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen zu einer zunehmenden Nutzung von Langzeit-Überwachungsgeräten. Intelligente Wearables bieten außerdem die Möglichkeit, die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern, während gleichzeitig die Behandlungskosten gesenkt werden.

Wearables ermöglichen es Ärztinnen und Ärzten, ihre Patientinnen und Patienten aus der Ferne zu überwachen und sie helfen Patientinnen und Patienten, sich proaktiver im Hinblick auf ihre Gesundheit zu verhalten. Patientinnen und Patienten können ihre eigenen Daten sammeln und sie in digitaler Form übermitteln, wodurch ein persönliches Erscheinen in der Praxis möglicherweise entfallen kann. Wearables können die medizinische Versorgung für alle zugänglicher machen, insbesondere in Gegenden, in denen es schwierig ist, ärztliche Hilfe zu finden und Termine mit ihnen zu vereinbaren.

Tragbare Technologien könnten auch beginnen, die Dynamik des aktuellen Gesundheitsmodells zu verändern. Aktuell ist es so, dass Beurteilungen auf der Grundlage eines einzigen Termins und einmalige Beurteilungen erfolgen, was eine eher lückenhafte Anamnese darstellt, um darauf basierend Entscheidungen zu treffen. Wearables können kontinuierlich Daten liefern, sodass die Patientinnen und Patienten zum sog. Point of Care gemacht werden.

Viele Analysten gehen davon aus, dass die von Wearables und Sensoren generierten Daten irgendwann als Teil der Routineversorgung sammeln werden. Auf KI-Algorithmen basierende Technologie kann den individuellen Gesundheitszustand analysieren und es dem medizinischen Fachpersonal ermöglichen, genau dann einen passenden Behandlungsplan zu erstellen, wenn dieser benötigt wird.


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Medizinische Wearables werden langfristig die Gesundheit von Patienten verbessern

Wearables sind nicht gleich Wearables. Auf dem Markt erhältlich sind derzeit nur Produkte für Freizeit, Fitness und Wellness. Wearables für den medizinischen Bereich werden zwar bereits getestet, befinden sich aber noch in der Entwicklung und unterliegen hohen, regulatorischen Anforderungen. Die Normung beschäftigt sich schon jetzt mit den Sicherheitsanforderungen medizinischer Wearables.

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Zukünftige Herausforderungen

Der kritische Punkt ist, dass technologisch generierte medizinische Daten gehackt werden können. Die Herausforderungen im Bereich tragbarer Technologien reichen von Fragen der Datensicherheit und des Vertrauens bis zu aufsichtsrechtlichen Hürden.

Die internationalen Normen der IEC können dazu beitragen, einige dieser Herausforderungen zu bewältigen, indem sie sicherstellen, dass die verwendeten Technologien sicher sind und vereinbarte Benchmarks erfüllen. An der Entwicklung dieser Veröffentlichungen sind mehrere Technische Komitees beteiligt. IEC/TC 47 (DKE/K 631) erstellt einige der wichtigsten Normen im Zusammenhang mit Sensoren, während das Systemkomitee IEC SyC AAL (DKE/K 801) Normen zur Gewährleistung der Sicherheit, des Datenschutzes und der händlerübergreifenden Interoperabilität von Diensten im Zusammenhang mit Active Assisted Living (AAL) veröffentlicht. AAL kann für Systeme und Geräte stehen, die älteren Menschen oder Menschen mit Beeinträchtigungen helfen, unabhängig zu Hause zu leben.

Darüber hinaus erstellt die IEC Cybersecurity-Normen, die dazu beitragen, die Cybersecurity von Medizinprodukten sicherzustellen und die Sicherheit von Patientinnen und Patienten zu schützen. So bietet IEC TR 60601-4-5:2021 beispielsweise einen detaillierten Leitfaden zur Anpassung von IEC 62443 an die spezifischen Anforderungen des Gesundheitssektors.

Eine weitere wichtige Normenreihe ist IEC 80001, die einen Leitfaden für das Risikomanagement in Bezug auf die Nutzung von Medizinprodukten in einer vernetzten Umgebung bietet. Die Normen legen einen Risikomanagementprozess fest, der den gesamten Lebenszyklus eines vernetzten Medizinprodukts von der Gestaltung über die Entwicklung bis zur Außerbetriebnahme umfasst. Sie konzentrieren sich auf die Identifizierung und Verhinderung potentieller Risiken im Zusammenhang mit vernetzten Medizinprodukten, inklusive Cybersecurity-Bedrohungen und Fehler bei der Kommunikation zwischen Geräten.

IEC 80001 wird für Gesundheitsorganisationen und die Hersteller von Medizinprodukten, die vernetzte Medizinprodukte verwenden, empfohlen. Sie kann Organisationen auch dabei helfen, aufsichtsrechtliche Anforderungen in Bezug auf die Sicherheit von Medizinprodukten zu erfüllen. Es handelt sich um eine der wichtigsten Veröffentlichungen, die von IEC/TC 62 (DKE/K 810), das Normen für medizinische Geräte, Software und Systeme erstellt, herausgegeben werden.

Des Weiteren bietet IECEE, das IEC System of Conformity Assessment Schemes for Electrotechnical Equipment and Components, Prüfungen und Zertifizierungen nach internationalen IEC-Normen zur Einhaltung der Sicherheit, Qualität, Effizienz und generellen Leistung elektrischer Geräte, die im medizinischen Bereich zum Einsatz kommen.


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Mit dem Markt Schritt halten

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass große Technologiekonzerne weiterhin Produkte für Verbraucher*innen entwickeln und auf den Markt bringen werden, bevor die entsprechende Normungsarbeit geleistet ist, und häufig, bevor die vorherige Technologiegeneration genormt wurde.

Der IEC Digital Healthcare Report stellt fest, dass „ein erfolgreicher Normungsrahmen dem Wandel Rechnung tragen wird, der mit der Art und Weise einhergeht, wie auf Gesundheitsleistungen, nicht nur in Krankenhäusern und Einrichtungen des Gesundheitswesens, sondern auch zu Hause, am Arbeitsplatz, im Freizeitbereich und auf dem Mobiltelefon, zugegriffen wird. Die Entwicklung neuer und überarbeiteter Normen muss von Ansätzen begleitet werden, die darauf abzielen, Organisationen zu helfen, auf diese Normen zuzugreifen, sie zu verstehen und bestmöglich zu nutzen. Es müssen Möglichkeiten zur Definition und Messung der Vorteile von Normungsaktivitäten mit aufgenommen werden, um sicherzustellen, dass diese Vorteile realisiert und Chancen genutzt werden”.

In einem kürzlich mit e-tech geführten Interview sprach Veronica Lancaster, Expertin bei IEC/TC 124 (DKE/K 802), über die Bedeutung von Normung im digitalen Gesundheitssektor und die Herausforderungen, die die involvierten Technologien darstellen. IEC/TC 124 erstellt Normen für tragbare Technologien.

„Im Bereich Wellness und gesundes Leben sind die Vorschriften von Land zu Land sehr unterschiedlich. Es kann dementsprechend schwierig sein, einen weltweiten Konsens darüber zu erzielen, welche Produkte lediglich dem Tracking der persönlichen Wellness dienen und welche als Medizinprodukte reguliert werden. Dennoch sind wir überzeugt, dass die Normungsarbeit in Ermangelung eines breiteren Konsens eine gewisse Orientierung bieten kann. IEC/TC 124 arbeitet aktuell daran, zwei neue Normen entweder Ende dieses Jahres oder Anfang 2024 zu veröffentlichen. Eine Norm davon, IEC 63203-402-3, ist die erste Ausgabe einer Norm, die sich mit der Genauigkeit der Herzfrequenzmessung bei Wearables auseinandersetzt. Die andere Norm, IEC 63203-402-2, ebenfalls eine erste Ausgabe, beschäftigt sich damit, wie die Schrittzahl bei tragbaren Geräten gemessen wird“, erzählt sie.

Die Apps werden intelligenter und die Geräte werden zuverlässiger, was es Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzten ermöglicht, eine größere Bandbreite an Aspekten im Hinblick auf den Gesundheitszustand zu überwachen. Es ist davon auszugehen, dass eine zunehmende Zahl an Unternehmen mit der Entwicklung vernetzter Geräte und Softwarelösungen zu deren Unterstützung beginnen wird. Es wird erwartet, dass die internationalen Normen der IEC den Weg dafür ebnen, dass diese Geräte interoperabel, sicher und effizient sind.


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