Anlagen müssen auch nach dem Kauf an die Prozesse angepasst und damit optimiert werden
DKE: Können Sie uns ein Beispiel dafür geben, wie die fünf Reifegrade in der Praxis umgesetzt werden würden?
Ackermann: Gerne. Am Beispiel von Kälte und Kühlung (Infrastruktur: Regelung der Umgebungsbedingungen; en: environmental control) lässt sich dies sehr gut verdeutlichen.
Im ersten Set von Practices heißt es für Level eins, zwei und drei, dass Betreiber von Rechenzentren bei luftgekühlten Rechenzentren eine vollständige Einhausung herstellen müssen. Das bedeutet, die Rack-Reihen stehen nicht offen. Die warme Luft kann sich demnach nicht mit der kalten Luft vermischen, sondern die kalte und warme Luft werden voneinander getrennt. Das ist sehr effizient, um die Kälte energieeffizienter zu machen, und gehört zu den Grundlagen, die es schon seit zwanzig Jahren gibt. Aber dennoch wird das auch heute nicht immer umgesetzt und muss daher unter anderem als erstes beachtet werden.
In Level vier kann die Anforderung lauten, eine energieeffiziente Kühlung einzusetzen und damit eine besonders energieeffiziente Form der Rückkühlung zu wählen. Für Level vier müssen sich Betreiber also wesentlich mehr Gedanken machen, wie eine Kälteerzeugung möglichst effizient gestaltet und betrieben werden soll.
Der Betrieb spielt in Level vier und fünf eine zunehmend größere Rolle. Häufig ist es so, dass gute Anlagen gekauft, aber im Betrieb nicht mehr an die Prozesse angepasst und damit auch nicht mehr optimiert werden. Diesen „Fehler“ möchten wir mit dem Reifegradmodell adressieren, um die Energieeffizienz in Rechenzentren weiter zu verbessern.
Und abschließend kann in Level fünf die Anforderung lauten, spezielle Kühlungsmethoden einzusetzen. Ein Beispiel hierfür ist die direkte Wasserkühlung, die technisch nicht sehr verbreitet ist. Dabei wird Wasser entlang der heißen Komponenten, also unter anderem CPU und Grafikkarte, geführt, sodass die Wärme über das Wasser abgeführt werden kann. Auf diese Weise wird keine Abluft erzeugt, sondern Abwasser beziehungsweise Warmwasser, das wiederum für andere Zwecks verwendet werden kann.
An diesem Beispiel wird ersichtlich, dass die Anforderungen mit jedem Level steigen, für Betreiber von Rechenzentren anspruchsvoller und damit auch kostenintensiver werden. Das klingt zunächst nachteilig, allerdings sinken gleichzeitig die Energiekosten. Und aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich sagen: Das Einsparen von Energiekosten hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Und ganz präsent ist dieses Thema über die letzten Monate geworden.