Eine spannende Ergänzung neben diesen Normenreihen könnte die Blockchain-Technologie darstellen. Fachleute evaluieren bereits in Pilotprojekten deren Einsatz für Abrechnungsmodelle. Wenn Stromlieferungen in einem Microgrid innerhalb von Minuten- oder gar Sekundenabständen in alle Richtungen ablaufen, sind parallel auch Zahlungsströme zu organisieren. Der Leistungsaustausch „Geld gegen Strom“ könnte über eine zentrale Handelsplattform wie der European Energy Exchange (EEX) stattfinden. Oder die lokalen Netzbetreiber bauen Handelsplattformen auf. Ab einer gewissen Anzahl von Marktteilnehmern entsteht aber ein riesiger Verwaltungsaufwand.
In einem Microgrid mit automatischer Steuerung der Stromflüsse ist eine zentrale Handelsplattform zu aufwendig. Vor allem, wenn künftig Millionen Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, tausende Microgrids und Millionen Verbraucher*innen, die gleichzeitig mit ihren Elektroautos auch zu Stromlieferanten (Prosumer) werden, müssen auch die Leistungsbilanzierung und die Zahlungsströme automatisiert werden. Hier kommt die Blockchain ins Spiel.
Aufbau und Funktion der Blockchain als Handelssystem
Bekannt ist die Blockchain von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum. Mit diesem System lassen sich aber nicht nur Währungen managen und handeln, sondern alle möglichen Werte, Verträge und sonstige Assets in Transaktionen austauschen.
Dokumentiert werden die Transaktionen in einem Register, dem Distributed-Ledger, das identisch auf jedem Computer (Knoten; Knots) der Partner liegt. Jede Transaktion wird simultan in jedem Knot und jedem Ledger als ein unveränderlicher Datensatz verbucht. Kein Teilnehmer einer Blockchain kann in dem Ledger Änderungen vornehmen. Jede Transaktion ist als Datenblock mit dem vorhergehenden und dem nachfolgenden unumkehrbar verbunden. Deshalb auch der Name „Blockchain“.
Die Technik gilt als fälschungssicher und lässt sich für alle Arten geschäftlicher und privater Transaktionen einsetzen. Aus diesem Grund lassen sich auch gelieferte Kilowattstunden dokumentieren und verwalten.
Vorteil von Microgrids als Marktteilnehmer
Erste Projekte in Deutschland zeigen, dass die Blockchain im Energiehandel mit einer großen Anzahl von Akteuren sinnvoll sein könnte. Weil direkter Handel zwischen zwei Akteuren (Peer to Peer) möglich ist, werden Intermediäre überflüssig, wodurch gleichzeitig die Transaktionskosten sinken.
Für einzelne Photovoltaikanlagenbetreiber, aber auch komplette Microgrids, könnte eine dezentrale Handelsplattform mit der Blockchain-Technologie den Marktzugang erleichtern. Die Zusammenarbeit sowohl mit regionalen Verteilnetzwerken (VNB) als auch mit Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) oder zwischen einzelnen Microgrids ließe sich weitgehend unbürokratisch automatisieren. Ein Microgrid würde seine Stromüberschlüsse auf der Plattform anbieten. Andere Microgrids, VNB oder ÜNB könnten die Überschüsse für Netzstabilisierung und der Versorgungssicherheit zum Höchstpreis kaufen, wenn das Angebot niedrig wäre. Umgekehrt könnte ein Microgrid auch seine Speicher füllen, wenn Überkapazitäten besonders günstig auf dem Markt verfügbar wären. Alle beteiligten Marktteilnehmer würden Angebot und Nachfrage sowohl nach Bedarf als auch nach dem Preis aushandeln.