Schon im Jahr 2006 legte die Europäische Union die gesetzlichen Grundlagen für Smart Metering. Seit 2011 setzen die meisten EU-Staaten die Richtlinien um. In Deutschland sind moderne Messeinrichtungen erst seit 2017 vorgeschrieben – für Neuanschlüsse oder bei einem Austausch der weit verbreiteten Ferraris-Zähler. Bis Ende 2020 sollen hierzulande 15 Prozent aller Stromanschüsse auf Smart Meter umgerüstet sein. Die Einführung verzögerte sich zunächst wegen der hohen Sicherheitsanforderungen an die Smart Meter Gateways. Bis zum Jahr 2032 soll der Rollout in Deutschland vollständig abgeschlossen sein.
Smart Meter: Flexibles Energiemanagement und Rückgrat für die Digitalisierung der Energiewende
Was ist eigentlich ein Smart Meter?
Smart Meter werden auch als „intelligente Messsysteme“ bezeichnet, die den Stromverbrauch über verschiedene Zeiträume erfassen, speichern und im Kommunikationsnetzwerk weitergeben. Smart Meter sollen bis 2032 alle bisherigen Stromzähler ersetzen. Die Schwarze Box mit dem drehenden Metallring („Ferraris-Zähler“) addiert bisher nur den Gesamtverbrauch an Strom und ist für die zukünftige Entwicklung intelligenter Stromnetze („Smart Grids“) daher technisch nicht ausreichend und muss aus diesem Grund bundesweit ausgetauscht werden.
Moderne Messeinrichtung und Smart Meter: Wo liegt der Unterschied?
Die Gesetze unterscheiden zwischen modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen, beide arbeiten jedoch digital.
- Digitalzähler (einfach und nicht in ein Kommunikationsnetzwerk eingebunden)
zählt den Stromfluss digital und wird auch als Moderne Messeinrichtung bezeichnet - Digitalzähler (vernetzt und somit in ein Kommunikationsnetzwerk eingebunden)
zählt den Stromfluss digital und wird als Intelligentes Messsystem oder auch Smart Meter bezeichnet
Der wesentliche Unterschied liegt also in der vernetzten Kommunikation. Für ein Smart Meter ist somit eine zusätzliche Komponente erforderlich – das Smart Meter Gateway (SMGW). Das Smart Meter Gateway ist bei einem Smart Meter die Schnittstelle bzw. zentrale Kommunikationseinheit, welche die Zählerwerte speichert, erhobene Daten verarbeitet und diese im Kommunikationsnetzwerk via Internet oder Mobilfunk sicher überträgt.
Moderne Messeinrichtungen speichern ebenfalls den Stromverbrauch im Zeitverlauf und erfassen zudem Daten, die eine Geräteerkennung ermöglichen. Der Messstellenbetreiber – in der Regel der Netzbetreiber – muss die Daten jedoch wie bisher vor Ort ablesen lassen. Verbraucher können ihren Stromverbrauch ebenso auslesen und ihre Verbrauchswerte protokollieren. Durch deren Darstellung in unterschiedlichen Zeitabschnitten können Verbraucher beispielsweise den eigenen Stromverbrauch analysieren und ggfs. Maßnahmen treffen, um weniger Strom zu verbrauchen.
Smart Meter Gateway: Zentrale Kommunikationsschnittstelle im Netzwerk
Über das Smart Meter Gateway können Daten im Kommunikationsnetzwerk empfangen und gesendet werden. So stellen Smart Meter künftig die erfassten Verbrauchsdaten für Netzbetreiber, Energielieferanten sowie unabhängige Messstellenbetreiber bereit und ermöglichen auf diese Weise eine Fernauslesung.
In diesem Kontext fällt auch häufig der Begriff „Smart Meter Administrator“. Der Smart Meter Administrator ist immer der Dienstleister, der die Messstelle und das Smart Meter installiert und betreibt. Über die Datenübertragung kann er auf Wunsch der Verbraucher die Daten auch Dritten zur Verfügung stellen.
Auch Verbraucher profitieren von der Datenübertragung insbesondere in einem Smart Home mit flexiblen Stromtarifen: Das Smart Meter Gateway sendet die jeweiligen Signale an Energiemanagementsysteme sowie Haushaltsgeräte und kann diese automatisch steuern.
Smart Meter fördern die Energieeffizienz von Verbrauchern im Haushalt
Smart Meter ermöglichen vollkommen neue Dienstleistungen, von denen Energielieferanten, Netzbetreiber und Verbraucher gleichermaßen profitieren. Einen größeren Funktionsumfang bieten sie insbesondere für Haushalte mit
- Photovoltaikanlagen und Balkonkraftwerke,
- Wärmepumpe und Nachtspeicheröfen,
- einer Ladesäule für Elektrofahrzeuge,
- Smart Home-Geräten und allgemein
- einem hohen Stromverbrauch.
Abhängig von Angebot und Nachfrage schwankt die Netzspannung – und damit schwanken auch die Preise pro Kilowattstunde. Bei einem flexiblen Stromtarif mit unterschiedlichen Tages- und Nachtpreisen können Smart Meter große Stromverbraucher ein- und ausschalten.
Bei einem günstigen Strompreis sendet das Smart Meter im Zusammenspiel mit dem eingebauten Energiemanagementsystem ein entsprechendes Signal an die Spül- oder Waschmaschine. Die Haushaltsgeräte empfangen das Signal und starten die voreingestellten Spül- und Waschprogramme. Gleiches gilt unter anderem auch für Nachtspeicheröfen oder den Ladevorgang beim Elektroauto. Auf diese Weise arbeiten große Stromverbraucher im Haushalt immer dann, wenn der Strom besonders günstig ist.
Bei geringer Nachfrage und niedrigen Preisen können Netzbetreiber mittels Smart Meter die Energieerzeugung herunterregeln und beispielsweise in einen Energiespeicher umleiten. Bei vermehrter Nachfrage und hohen Preisen können sie auch den Batteriestrom aus einem gerade nicht genutzten Elektrofahrzeug ins Netz einleiten. Bei günstigem Strompreis wird dieses wieder geladen.
Zu den neuen Dienstleistungen, die mit einem Smart Meter verbunden sind, gehören vor allem Smartphone-Anwendungen: Mit den erhobenen Daten und dem Lade- beziehungsweise Verbrauchsprofil der Geräte können Verbraucher beispielsweise den Energieverbrauch einzelner Geräte über eine App visualisieren und sich bewusst mit ihrem Verbrauchsverhalten auseinandersetzen, um entsprechende Effizienzmaßnahmen zu planen.
Smart Meter: Was die intelligenten Strommessgeräte alles können
- Stromerzeugung und Stromverbrauch werden durch Smart Meter intelligent miteinander verbunden
- Selbst erzeugter Strom kann in einem intelligenten Stromnetz besser verteilt und verkauft werden
- Strom kann zunächst gespeichert und erst zu einem späteren Zeitpunkt ins Netz eingespeist werden
Quelle: youtube.com / BMWi
Einbaupflicht bei hohem Stromverbrauch und keine Widerspruchsmöglichkeit
Für den Einbau von intelligenten Messsystem sind die Messstellenbetreiber zuständig. In der Regel handelt es sich hierbei um den regionalen Netzbetreiber oder die örtlich zuständigen Stadtwerke. Wohnungs- oder Hausbesitzer können alternativ auch einen unabhängigen Messstellenbetreiber mit der Installation beauftragen. Das gilt eingeschränkt bis Ende 2020 auch für Mieter.
Für das Jahr 2020 gelten folgende Änderungen:
- Seit Januar gilt für alle Haushalte und Gewerbetreibende mit einem hohen Stromverbrauch eine Smart Meter Pflicht ab 6.000 Kilowattstunden (kWh). Sie müssen den Einbau zulassen und können dem Einbau auch nicht widersprechen.
- Ab Herbst müssen alle Stromerzeuger, beispielsweise einer Photovoltaikanlage oder eines Blockheizkraftwerks mit einer Nennleistung von mehr als sieben Kilowatt (kW), den Einbau eines intelligenten Messsystems dulden. Bei geringerer Nennleistung kann der Messstellenbetreiber vom Einbau absehen.
- Ab Herbst müssen Haushalte mit Nachtspeicheröfen und Wärmepumpen den Einbau eines Smart Meters ohne Widerspruchsmöglichkeit akzeptieren.
Kosten für Smart Meter sind gedeckelt und abhängig vom Energieverbrauch
Die Kosten für den Einbau intelligenter Messsysteme trägt grundsätzlich der Messstellenbetreiber. Er kann aber für den Betrieb seine Kosten in Rechnung stellen, die gesetzlich durch eine Preisobergrenze gedeckt sind.
Bei einem vier Personenhaushalt bis einschließlich 4.000 kWh pro Jahr liegen die Kosten für das Smart Meter bei jährlich 40 Euro. Mehrkosten kann der Smart Meter Administrator nur in Rechnung stellen, wenn sich der Kunde für einen anderen Messstellenbetreiber entscheidet und die intelligente Messeinrichtung freiwillig einbauen lässt.
Sicherheit und Datenschutz haben oberste Priorität
Die gesetzlichen Grundlagen für Einbau, Administration und Datenschutz von intelligenten Messsystemen regelt unter anderen das „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“. Smart Meter müssen den Anforderungen des Messstellenbetriebsgesetz entsprechen. Die Messstellenbetreiber müssen ihre Systeme nach dem IT-Sicherheitsgesetz außerdem vor Manipulation und Zugriff von außen schützen. Die technische Ausgestaltung hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationswirtschaft (BSI) in der BSI TR-03109-6 definiert. In allen Gesetzen und Verordnungen haben Sicherheit und Datenschutz, also die Cybersecurity sowie der Schutz vor Hackern, oberste Priorität.
Für Smart Meter Gateways gilt, dass
- sie durch eine Firewall geschützt sein müssen,
- die Verbindung nur aus dem Gerät heraus aufgebaut werden darf und
- die Kommunikation verschlüsselt erfolgen muss.
Gesetzlich ist außerdem ganz genau geregelt, wer wann welche Messwerte erhält. Das Smart Meter Gateway versendet die erhobenen Daten gegebenenfalls pseudonymisiert – und zwar ausschließlich an berechtigte Empfänger. Die Daten selbst dürfen nur für klar definierte Zwecke verwendet werden. Ein darüber hinaus gehender Datentransfer bedarf stets der Zustimmung des Verbrauchers. Die gesetzlichen Regelungen wurden unter enger Einbindung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) geschrieben. Die hohen Sicherheitsanforderungen entsprechen dem Niveau des modernen Online-Bankings und sind in der EU führend.
Nach einem umfassenden und erfolgreichen Zertifizierungsprozess beim BSI bestätigt das BSI dem Hersteller, dass die Sicherheitsanforderungen erfüllt sind.
Smart Meter und Smart Meter Gateways müssen daher einen umfassenden Zertifizierungsprozess beim BSI durchlaufen, bevor sie in Deutschland verkauft werden dürfen. Mit dem Zertifikat bestätigt das BSI dem Hersteller, dass er die hohen Sicherheitsanforderungen erfüllt.
Smart Meter: Strahlung und Einfluss auf die Gesundheit
Innerhalb eines Hauses können Smart Meter Gateways den Datenaustausch grundsätzlich über ein Netzwerkkabel via Festnetztelefonie oder Internet, die Stromleitung oder den Mobilfunkstandard organisieren.
Die Datenübertragung an den Messstellenbetreiber und Administrators des intelligenten Stromzählers wird voraussichtlich überwiegend über drahtlose Technologien erfolgen. Die Sendeleistung der Gateways entspricht denen handelsüblicher Smartphones. Zurzeit wird diskutiert, für Smart Meter Gateways Frequenzbänder mit kurzer Reichweite im Bereich bis hundert Megahertz bereitzustellen, die von der Bundesnetzagentur freigegebenen werden müssten.
Das Bundesamt für Strahlenschutz sieht keine Gefahr, dass die Strahlung durch Smart Meter Gateways die Gesundheit beeinträchtigen:
„Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand [können] sowohl direkte Gesundheitswirkungen als auch Funktionsbeeinflussungen von aktiven Körperhilfen, wie zum Beispiel Herzschrittmachern, ausgeschlossen werden.“
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Fazit: Mehrwert für Verbraucher, Stromerzeuger und Netzbetreiber
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Smart Meter für Netzbetreiber, Energiedienstleister und Verbraucher zahlreiche Chancen bieten. Die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen bieten ein umfangreiches Schutzniveau für alle Marktpartner. Mit der Echtzeit Messung des Stromverbrauchs erhöhen sie die Transparenz und geben Anreize für Verbraucher und Gewerbetreibende, Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen. Zudem bieten intelligente Stromzähler neue Möglichkeiten für Smart Home-Anwendungen sowie Smartphone-Apps. So werden Smart Meter zum Rückgrat für die Digitalisierung der Energiewende.
Smart Meter: Vorteile für Verbraucher auf einen Blick:
- Ablesetermine vor Ort entfallen
- Mehr Transparenz beim Energieverbrauch
- Einsparpotential besser identifizieren, Energieeffizienz steigern
- Abschlags- und Nachzahlungen können vermieden werden
- Energieversorger können flexible Stromtarife anbieten
- Intelligente Stromnetze lassen sich besser steuern
- Sichere digitale Plattform für Zusatzdienste
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