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21.08.2024 Fachinformation

Recht auf Reparatur: Meilenstein für Verbraucher, Hersteller und Umwelt

Ende 2023 hatten die zentralen EU-Organe ihr Plazet gegeben. Der Vorschlag der EU-Kommission zum Recht auf Reparatur von Elektrogeräten war damit angenommen. Kurz danach richtete die Kommission einen „Standardization Request“ an die europäischen Normungsorganisationen. Sie sollen Normen weiterentwickeln oder neue erarbeiten, die Hersteller und Verbraucher bei der Umsetzung unterstützen. Das Ziel: Die Lebensdauer von Produkten soll steigen, die Menge an Elektroschrott sich reduzieren. Zahlreiche Normungsgremien der DKE arbeiten bereits an der Weiterentwicklung ihrer Normenreihen.

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Gerhard Henninger
Zuständiges Gremium

Das erwartet Sie in diesem Artikel:

  • Was ist das "Recht auf Reparatur" und welche unterschiedlichen Konzepte beeinflussen dieses?
  • Was bedeutet das neue Recht für Hersteller von Elektrogeräten und Verbraucher?
  • Wo ist die Normung aktiv und was müssen Gremien berücksichtigen?

Das Recht auf Reparatur baut eine Brücke zwischen Verbrauchern, Herstellern und Reparaturdienstleistern. Es fördert eine nachhaltigere Konsum- und Produktionsweise. Dies steht im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals und der Agenda für eine kreislauforientierte Wirtschaft, welche die Reduzierung von Abfall und die Förderung von Recycling und Wiederverwendung von Produkten generell und von Elektrogeräten im Speziellen vorantreiben.

Elektroschrott minimieren durch längere Nutzungszeiten von Elektrogeräten

Denn die Europäische Union steht vor einer wachsenden Herausforderung: dem stetig zunehmenden Elektroschrott; wobei ein großer Teil dieser Elektrogeräte noch reparierbar wäre. Im Jahr 2021 betrug das global erfasste Elektroschrott-Volumen etwa 54,4 Millionen Tonnen. In der Europäischen Union wurden im Jahr 2021 durchschnittlich etwa elf Kilogramm Elektroschrott pro Einwohner gesammelt. Eine besondere Herausforderung bei der Behandlung von Elektroschrott sind die darin enthaltenen toxischen Substanzen wie Blei und Quecksilber, die bei unsachgemäßer Entsorgung erhebliche Umwelt- und Gesundheitsrisiken darstellen können. China, die USA und Indien gehören zu den größten Produzenten von Elektroschrott. Europa ist bei den Recyclingraten führend vor Asien und Amerika. Gleichwohl ist die Verschwendung von Ressourcen und die Belastung für die Umwelt volkswirtschaftlich nicht mehr zu vertreten. Die Einführung des Rechts auf Reparatur zielt darauf ab, diesem Trend entgegenzuwirken.

Neue EU-Ökodesign-Richtlinie zur Reparierbarkeit

Bereits 2021 hatte die Europäische Union neue Ökodesign-Regeln eingeführt, die Hersteller dazu verpflichten, Produkte langlebiger zu gestalten und die Reparierbarkeit zu verbessern. Diese Regelungen betreffen zehn Produktgruppen, darunter Kühl- und Gefriergeräte, Geschirrspüler, Waschmaschinen, Haushaltsbeleuchtung, Fernseher und Displays. Hersteller müssen nun sicherstellen, dass Ersatzteile für eine festgelegte Dauer nach dem Kauf verfügbar sind – sieben Jahre für Kühlgeräte und zehn Jahre für Waschmaschinen. Zudem müssen Ersatzteile innerhalb von 15 Tagen lieferbar und mit allgemein verfügbaren Werkzeugen austauschbar sein, ohne das Gerät dauerhaft zu beschädigen. Verbraucher haben das Recht, nicht-sicherheitsrelevante Ersatzteile selbst zu erwerben, während qualifizierte Reparaturdienste auch Zugang zu sicherheitsrelevanten Teilen erhalten sollen. Hersteller sind außerdem verpflichtet, eine Liste verfügbarer Ersatzteile online bereitzustellen und Reparaturanleitungen sowohl Verbrauchern als auch professionellen Reparaturdiensten zugänglich zu machen. 

Das Bundesumweltministerium plant zudem, die Richtlinie um eine Herstellergarantieaussagepflicht zu erweitern. Das würde Unternehmen dazu verpflichten, Angaben zur Lebensdauer ihrer Produkte zu machen und im Falle eines Defekts innerhalb dieses Zeitraums Reparaturen zu ermöglichen. Neben der Reparierbarkeit verfolgen die EU und Deutschland zudem das Ziel, eine Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) für die Wiederverwertung von Rohstoffen zu etablieren.

Circular Economy und ihre Abgrenzung zur Linearwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft verfolgt das Ziel, Ressourcen effizient und nachhaltig zu nutzen, indem der Lebenszyklus von Produkten und Materialien maximiert wird. Im Gegensatz zur traditionellen Linearwirtschaft, die auf dem Prinzip „Produzieren, Nutzen, Entsorgen“ basiert, fördert die Circular Economy die Wiederverwendung, Reparatur sowie das Recycling von Produkten und ihre Materialien. Ziel ist es, den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu minimieren, Abfall zu reduzieren und die Umweltauswirkungen zu verringern. Dieses Modell unterstützt die Schaffung geschlossener Kreisläufe, die den Ressourcenverbrauch und Abfallproduktion minimieren, um die Regeneration natürlicher Systeme zu fördern. Für die Umsetzung dieser Ziele haben DIN, DKE und VDI bereits im Januar 2023 die Normungsroadmap Circular Economy vorgelegt. 
 


Eine Asphaltstraße, welche umgeben von Bäumen ist
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Normungsroadmap Circular Economy

Das Produkt von heute ist der Rohstoff von morgen. Damit neue Geschäftsmodelle in der Circular Economy Anwendung finden, benötigen sie Normen und Standards als Grundlagen, denn diese geben Industrien eine gemeinsame Sprache und stellen damit eine klare Kommunikation und einen geeigneten Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Marktakteuren im Kreislauf sicher. Die Roadmap benennt die Normungsbedarfe für sieben entscheidende Sektoren der deutschen Wirtschaft. 

Zur Normungsroadmap Circular Economy

Normen und Standards ermöglichen Transparenz, Qualität und Zuverlässigkeit

Die Normungsroadmap Circular Economy ist ein strategisches Dokument, das darauf abzielt, die Transformation Deutschlands zu einer kreislauforientierten Wirtschaft zu unterstützen. Sie beinhaltet eine detaillierte Analyse der bestehenden Normen und Standards, die für die Circular Economy relevant sind. Die Roadmap identifiziert spezifische Normungsbedarfe und schlägt Maßnahmen vor, um diese zu adressieren. Sie deckt verschiedene Sektoren ab, darunter Elektrotechnik, Batterien, Verpackungen, Kunststoffe, Textilien und Bauwesen. Das Dokument dient als Leitfaden für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, um gemeinsam die Spielregeln der Kreislaufwirtschaft zu gestalten und die deutsche Wirtschaft in die Lage zu versetzen, eine führende Rolle in der globalen Kreislaufwirtschaft einzunehmen. Es unterstreicht die Bedeutung von Normen und Standards, die Transparenz, Qualität und Zuverlässigkeit gewährleisten und somit das Vertrauen in kreislaufwirtschaftliche Lösungen stärken. Die Normungsroadmap schuf damit eine Grundlage für die nun angelaufenen Normungsprozesse und die praktische Umsetzung des Rechts auf Reparatur.
 

Normung bahnt dem Recht auf Reparatur den Weg

Für die Anwendung in der Praxis beauftragte die EU-Kommission bereits die europäischen Normungsorganisationen CEN (Europäisches Komitee für Normung), CENELEC (Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung) und ETSI (Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen). Die Aufgabe dieser europäischen Institutionen und der nationalen Normungsgremien von VDE und DKE umfasst die Weiterentwicklung von bestehenden und Erarbeitung neuer technischer Standards. Als Fortsetzung der 2019 überarbeiteten Ökodesign ErP-Richtlinie werden sich die Gremien auf das Design, die Haltbarkeit, Reparierbarkeit und die Sicherheit von Elektrogeräten konzentrieren. Die zentrale Aufgabe besteht darin, diese Normen so zu gestalten, dass sie für Hersteller von Elektrogeräten und Verbraucher realistisch, umsetzbar und effektiv anwendbar sind. Für ihre jetzt anstehenden Aufgaben können die Normungsgremien sich auf das 9R Framework der Vereinten Nationen stützen.


Gruene Technologie Design
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Ökodesign-Richtlinie: mehr Ressourceneffizienz und ein Recht auf Reparatur

Das bunte Label mit den Energieeffizienzklassen für Elektrogeräte wird von Verbraucher*innen leicht verstanden. Seit 2005 sorgt eine EU-Rahmenrichtlinie, die vielen als Ökodesign-Richtlinie geläufig ist, systematisch für die Erhöhung von Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit. Sie legt die Grundlage für zahlreiche Durchführungsverordnungen.

Zur Fachinformation

R-Strategien der Circular Economy als Ausgangspunkt für die Gliederung der auszuarbeitenden Normungsbedarfe

R-Strategien der Circular Economy

| DIN, DKE, VDI

9R-Framework leitet die Normungsarbeit

Die R-Strategien systematisieren verschiedene Verwertungsstrategien in einer Hierarchie und umfassen unter anderem Refuse (Verzicht), Rethink (Überdenken), Reduce (Reduzieren), Reuse (Wiederverwenden), Repair (Reparieren), Refurbish (Aufarbeiten), Remanufacture (Wiederherstellen), Repurpose (Umnutzen) und Recycle (Recyceln). Diese Strategien ergänzen einander und koexistieren. Sie zielen darauf ab, Produkte und Dienstleistungen von Grund auf kreislauffähiger zu gestalten. Normen und Standards können dabei helfen, bestehende technische Hürden abzubauen und tragen dazu bei, ein einheitliches Verständnis der Circular Economy zu schaffen, indem sie übergeordnete Konzepte, Indikatorensysteme, Definitionen, Taxonomien, Frameworks, Bewertungs- und Berechnungsverfahren festlegen. Darüber hinaus ergeben sich für die Überarbeitung von bestehenden und die Entwicklung neuer Normen und Standards folgende Themenkomplexe:
 

01. Entwicklung von Normen für kreislaufgerechtes Design

  • Zielsetzung: Schaffung von Standards, die das Design für Kreislauffähigkeit (Design for Circularity) fördern, um die Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwendbarkeit von Produkten zu verbessern.
  • Methodik: Festlegung von Anforderungen an die Modulbauweise, die Demontierbarkeit und die Kompatibilität von Komponenten, um die spätere Wartung, Reparatur oder das Recycling zu erleichtern.

02. Standardisierung von Materialklassifizierung und -kennzeichnung

  • Zielsetzung: Einführung einheitlicher Klassifizierungen und Kennzeichnungen, die eine genaue Identifizierung von Materialien in Produkten ermöglichen, um deren Recyclingfähigkeit zu verbessern.
  • Methodik: Entwicklung von Normen, die die Transparenz über Materialzusammensetzungen und enthaltene Schadstoffe erhöhen.

03. Normen für die Reparatur und Wartung

  • Zielsetzung: Sicherstellung der Reparierbarkeit und Wartungsfreundlichkeit von Produkten durch standardisierte Schnittstellen und Prozesse.
  • Methodik: Erarbeitung von Richtlinien für die Gestaltung von Produkten, die einfache Eingriffe und Austausch von Komponenten ermöglichen, sowie die Bereitstellung von detaillierten Reparaturanleitungen und -informationen.

04. Entwicklung eines Repair-Index

  • Zielsetzung: Bewertung und Kennzeichnung der Reparierbarkeit von Produkten durch einen standardisierten Index.
  • Methodik: Definition von Bewertungskriterien und Prüfverfahren, die die Reparierbarkeit von Produkten objektiv messen und vergleichbar machen.

05. Förderung der Verfügbarkeit von Ersatzteilen

  • Zielsetzung: Gewährleistung der langfristigen Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Verbrauchsmaterialien.
  • Methodik: Festlegung von Mindestanforderungen an die Vorhaltedauer von Ersatzteilen und deren Kompatibilität über verschiedene Produktgenerationen hinweg.

06. Unterstützung digitaler Produktpässe (DPP)

  • Zielsetzung: Bereitstellung von digital zugänglichen Informationen über Produkte, deren Zusammensetzung und Reparaturmöglichkeiten.
  • Methodik: Standardisierung der Inhalte und Formate digitaler Produktpässe, die umfassende Informationen zur Reparierbarkeit, zum Recycling und zur Lebensdauer von Produkten enthalten.
     

07. Einbeziehung der Kreislaufwirtschaft in bestehende Managementnormen

  • Zielsetzung: Integration der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in bestehende Managementsysteme und Geschäftsmodelle.
  • Methodik: Überarbeitung und Anpassung bestehender Normen, um Aspekte der Ressourceneffizienz, des Umweltschutzes und der sozialen Verantwortung stärker zu berücksichtigen.
     

Implikationen für Hersteller von Elektrogeräten

Die Richtlinie und die nun zu erarbeitenden Normen bringen für Hersteller von Elektrogeräten eine Reihe von Aufgaben mit sich, die aber auch Chancen bieten:

01. Produktdesign und Entwicklung

Hersteller müssen ihre Designphilosophie überdenken, um die Reparierbarkeit und Modularität ihrer Produkte zu verbessern. Dies erfordert möglicherweise größere Investitionen in Forschung und Entwicklung, um Produkte zu konstruieren, die langlebiger sind und bei denen einzelne Komponenten leicht ausgetauscht werden können. Die Anpassung an modulare Designs kann auch eine Überarbeitung der Lieferketten und der Produktionsprozesse erfordern.

02. Kosten und Preisgestaltung

Die erhöhten Anforderungen an die Produktkonstruktion könnten zu höheren Herstellungskosten führen. Hersteller stehen vor der Herausforderung, diese Kosten zu managen, ohne dass dies zu erheblichen Preiserhöhungen für die Endverbraucher führt. Langfristig könnten jedoch Einsparungen durch geringere Garantie- und Servicekosten sowie durch eine stärkere Kundenbindung realisiert werden.

03. Verfügbarkeit von Ersatzteilen

Hersteller müssen sicherstellen, dass Ersatzteile für eine festgelegte Zeitspanne verfügbar sind. Dies machen eine effiziente Lagerhaltung und Logistik notwendig, um die Verfügbarkeit von Teilen zu gewährleisten, insbesondere für ältere Modelle.

04. Kundenservice und Support

Hersteller müssen möglicherweise ihre Supportleistungen erweitern, um Anleitungen für Reparaturen bereitzustellen und Kunden bei der Selbstreparatur oder der Suche nach Reparaturdiensten zu unterstützen. Dies könnte die Einrichtung von speziellen Service-Hotlines oder Online-Support-Plattformen umfassen.

05. Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung

Das Recht auf Reparatur steht im Einklang mit globalen Bestrebungen nach mehr Nachhaltigkeit und kann Herstellern helfen, ihr Engagement für Umwelt- und Verbraucherschutz zu demonstrieren. Dies kann sich positiv auf das Markenimage und die Kundenwahrnehmung auswirken.

06. Marktdifferenzierung und Wettbewerbsvorteile

Hersteller, die sich schnell an diese Veränderungen anpassen und Produkte mit hoher Reparierbarkeit und Langlebigkeit anbieten, können sich von der Konkurrenz abheben und neue Marktsegmente erschließen.

Diese Anforderungen können neben einem hohen Anpassungsdruck auch Innovationen vorantreiben, die die Kundenbindung stärken und Hersteller als Vorreiter in einer sich wandelnden Industrie profilieren.


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Fallstricke für Verbraucher bei der Reparatur von Elektrogeräten

In einer umfassenden Umfrage von Stiftung Warentest von 2020 wurden die Erfahrungen von 10.000 Teilnehmern über Haltbarkeit und Reparierbarkeit ihrer Haushalts- und Multimediageräte ausgewertet. Die Ergebnisse offenbarten, dass zwei Drittel der festgestellten Defekte nicht behoben wurden, entweder weil die Geräte nicht reparierbar waren oder weil die Nutzer keine Reparaturversuche unternahmen. Insbesondere Trockner zeigten sich als reparaturfreundlich, während Smartphones, Notebooks und Drucker selten erfolgreich instandgesetzt werden konnten. Die Umfrage ergab zudem, dass Mobiltelefone am ehesten bereits im ersten Nutzungsjahr Defekte aufwiesen, während große Haushaltsgeräte wie Geschirrspüler, Kühlschränke und Wäschetrockner als robusteste Produkte hervorgingen, mit ersten Defekten meist erst im fünften Jahr oder später. Ein zentrales Problem stellte der defekte Akku dar, besonders bei Handys, Notebooks und Tablets, was durch die zunehmende Praxis der Hersteller, Akkus fest zu verbauen, die Reparatur erschwert.

Damit müssen Verbraucher bei Reparaturversuchen rechnen

Dieser Befund von Stiftung Warentest zeigt den weiten Weg bis zur Umsetzung des Rechts auf Reparatur, das zudem auch künftig verschiedene Tücken sowohl für Verbraucher als auch für professionelle Reparaturdienste beinhalten wird. Diese können signifikante Auswirkungen haben, speziell wenn Reparaturen unsachgemäß durchgeführt werden. Die Gründe sind:

01. Komplexität moderner Elektronik

Viele Elektrogeräte, hauptsächlich Smartphones, Laptops und Haushaltsgeräte, sind äußerst komplex und integrieren fortgeschrittene Technologien. Eine Reparatur erfordert oft spezifisches Fachwissen und Präzisionswerkzeuge. Ein Mangel an diesen Ressourcen kann dazu führen, dass Geräte während des Reparaturvorgangs zusätzlich beschädigt werden. 

02. Sicherheitsrisiken

Elektrogeräte bergen inhärente Risiken wie elektrische Schläge und Kurzschlüsse, die eine weitere Beschädigung der Elektronik und Datenverlust verursachen kann. Eine unsachgemäße Reparatur, bei der Sicherheitsstandards nicht eingehalten werden, kann diese Risiken erhöhen. Beispielsweise kann das unsachgemäße Auswechseln oder Reparieren von Batterien in Smartphones oder Laptops zu Überhitzung und im schlimmsten Fall zu Bränden führen.

03. Garantieverlust

In vielen Fällen kann die Reparatur durch eine nicht autorisierte Person oder Dienstleistung zum Verlust der Herstellergarantie führen. Dies bedeutet, dass eventuelle Folgeschäden nicht mehr vom Hersteller abgedeckt werden.

04. Qualität der Ersatzteile

Die Verwendung von nicht originalen Ersatzteilen oder minderwertigen Komponenten kann die Funktionalität und Lebensdauer des Geräts beeinträchtigen. Beispielsweise können nicht standardisierte Bildschirme in Smartphones zu schlechterer Displayqualität oder eingeschränkter Touch-Funktionalität führen.

05. Softwareprobleme

Bei vielen Geräten, insbesondere bei Smartphones, sind Hardware und Software eng miteinander verknüpft. Unsachgemäße Reparaturen können zu Softwarefehlern führen, die die Funktionalität des Geräts beeinträchtigen. In einigen Fällen können Software-Updates nach einer Reparatur Probleme verursachen oder nicht mehr möglich sein.

06. Fehldiagnosen und fehlerhafte Reparaturen

Ohne das richtige Diagnosewerkzeug und Fachwissen ist es möglich, dass der Grund für ein Problem falsch identifiziert wird. Dies kann zu unnötigen Reparaturen führen, die das eigentliche Problem nicht lösen und zusätzliche Kosten verursachen.

07. Umwelt- und Gesundheitsrisiken

Unsachgemäßer Umgang mit bestimmten Komponenten kann umweltschädlich sein. Beispielsweise können aus alten Batterien oder Bildschirmen schädliche Chemikalien austreten, wenn sie nicht fachgerecht gehandhabt werden.

08. Wirtschaftlichkeit

Ob sich eine Reparatur lohnt, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Gerade bei digitalen Produkten ist die technische Entwicklung so schnell, dass angesichts der Preise für Neugeräte und der möglichen Kosten einer Reparatur letztere unwirtschaftlich sein könnte. 

Normen für das Recht auf Reparatur

Für die Umsetzung der EU-Regeln sind zahlreiche Normen zu überarbeiten. Die wichtigsten Normen und Gremien sind:

DIN EN IEC 62430 (VDE 0042-2) „Umweltbewusstes Gestalten (ECD) – Grundsätze, Anforderungen und Leitfaden“

  • Beschreibung: Diese internationale Norm bietet Anleitungen für die umweltbewusste Gestaltung von Produkten. Sie unterstützt Unternehmen dabei, ihre Produkte von Anfang an so zu gestalten, dass sie einen minimalen ökologischen Fußabdruck hinterlassen und die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft berücksichtigen.
  • Zuständiges Gremium: IEC/TC 111, das sich auf Umweltaspekte in der Elektro- und Elektronikindustrie konzentriert.

DIN EN 50678 (VDE 0701) „Allgemeines Verfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen von Elektrogeräten nach der Reparatur“

  • Beschreibung: Diese Norm legt allgemeine Verfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen von Elektrogeräten nach der Reparatur fest. Sie ist entscheidend für die Sicherheit sowohl der reparierenden Personen als auch der Endnutzer.
  • Zuständiges Gremium: DKE/K 191, das sich mit der Normung in der Elektrotechnik und Elektronik befasst und die nationalen Interessen in europäischen und internationalen Gremien vertritt.

DIN EN IEC 62890 (VDE 0810-890) „Industrielle Automatisierungs- und Leittechnik – Lebenszyklus-Management von Systemen und Komponenten“

  • Beschreibung: Diese Norm behandelt das Lebenszyklus-Management von Systemen und Komponenten in der industriellen Automatisierung und Leittechnik. Sie umfasst Aspekte wie Wartung, Reparatur und Upgrades, die für die Langlebigkeit und Nachhaltigkeit von Produkten wesentlich sind.
  • Zuständiges Gremium: DKE/K 191, das auch hier die nationalen Normungsinteressen koordiniert.
     

DIN EN 45554 „Allgemeine Verfahren zur Bewertung der Reparier-, Wiederverwend- und Upgradebarkeit energieverbrauchs-relevanter Produkte“

  • Beschreibung: Diese europäische Norm definiert allgemeine Verfahren zur Bewertung der Reparier-, Wiederverwendbarkeit und Upgrade-Fähigkeit von energieverbrauchsrelevanten Produkten. Sie legt spezifische Kriterien fest, wie Demontagetiefe, Verfügbarkeit von Ersatzteilen und diagnostischer Support.
  • Zuständiges Gremium: Alle Gremien, die sich mit der Materialeffizienz und Kreislaufwirtschaft beschäftigen.

Label für Reparierbarkeit von Smartphones und Tablets ab 2025

Da in den meisten zuständigen DKE- und IEC-Normungsgremien die technischen Beratungen rund um die Umsetzung der neuen EU-Richtlinie erst begonnen haben, kann zurzeit noch nicht über konkrete Ergebnisse und Festlegungen für die einzelnen Produktgruppen berichtet werden. Für den Normungsauftrag zu Audio, Video- und Multimediageräten und -systeme lassen sich mögliche Folgen aber bereits abschätzen. Im Nachgang des Normungsauftrages der EU-Kommission an die europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC wurde im Dezember 2023 eine neue europäische Arbeitsgruppe „SHRAG Eco phones“ gegründet, die inzwischen ihre Arbeit aufgenommen hat und von dem zuständigen DKE-Normungsgremium aktiv verfolgt und begleitet wird. Erste Normungsergebnisse werden im Laufe des Jahres 2024 erwartet. 

Ebenfalls für die Produktgruppe Smartphones und Tablets hat die EU-Kommission in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten bereits die Einführung eines EU-Energielabels beschlossen. Erstmals wird auf dem Label auch ein Reparierbarkeits-Index dargestellt. Hersteller von Smartphones und Tablets müssen auf einer Skala von A-E angeben, wie gut ihre Geräte reparierbar sind. Das neue Energielabel soll EU-weit ab 2025 auf den Geräten zu finden sein. Auch dieser Aspekt ist bei den laufenden Normungsarbeiten entsprechend zu berücksichtigen. 
 

Übergreifende Anforderungen an die Normung für alle Gerätearten

Für eine erfolgreiche Umsetzung der EU-Richtlinie lassen übergreifend über alle Geräteklassen einige wesentliche Anforderungen an die Normung feststellen:

01. Produkte müssen eine längere Lebensdauer haben

Hierzu muss die Normung die Auswirkungen auf Sicherheit, Leistung, Zuverlässigkeit und SW-Update neu bewerten und neue Festlegungen treffen.

02. Produkte müssen weiterverwendet werden (Mehrfachnutzung)

Hierzu muss die Normung sicherstellen, dass die Datenentfernung und Sicherheit gewährleistet sind.

03. Der Gesetzgeber fordert mehr und einfachere Produktreparaturen

Hierzu muss die Normung die Mindestanforderungen an Zuverlässigkeit der Teile erhöhen und angepasste Prüfungen für reparierte Produkte festlegen.

04. Die Gesetzgebung fordert einen höheren Anteil an recycelten Materialien

Hierzu muss die Normung neue Festlegungen treffen zur Gewährleistung von Konformität, Sicherheit und Performance.

Darüber hinaus werden sich die Normungsgremien mit Produkteigenschaften und Parameter beschäftigen müssen wie:

  • Demontagetiefe
  • Befestigungselemente
  • Werkzeuge
  • Arbeitsumgebung
  • Diagnostischer Support und Schnittstellen
  • Verfügbarkeit von Ersatzteilen
  • Arten und Verfügbarkeit von Informationen
  • Transfer und Löschung von Daten.

Da die Nationalstaaten für die Umsetzung der EU-Regelung in nationales Recht zwei Jahre Zeit haben, bleibt allen Betroffenen – also auch alle an der Normung beteiligten Stakeholder – in jedem Fall noch eine gewisse Frist, sich auf die Umsetzung des Rechts auf Reparatur einzustellen. 

Fazit: Normungsgremien gehen motiviert und überzeugt an die Arbeit

Auf die Normungsorganisationen warten also viele Herausforderungen, ihre Normenreihen auf die neuen EU-Regeln auszurichten. Für eine erfolgreiche Umsetzung des Reparaturrechts muss in den zuständigen Normungsgremien auch ein gewisses Umdenken erfolgen vor allem vor dem Hintergrund, dass Technische Normen und Standards in der Vergangenheit in der Regel nicht darauf ausgelegt waren, Aspekte wie Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz ausreichend zu berücksichtigen. Weiterhin wurden Reparaturen bisher vor allem aus Sicherheitsgründen teilweise bewusst ausgeschlossen. Damit sollte verhindert werden, dass vermeintlich modellgleiche Bauteile für die Reparatur verwendet werden, die zu einem Funktions- oder gar Sicherheitsverlust führen könnten. 

Um dieser Herausforderung zu begegnen, fördert die DKE schon seit einigen Jahren eine ressourcenschonende und nachhaltige Nutzung von Rohstoffen. Und die deutschen Gremien werben schon länger auf internationaler Ebene dafür, das Recycling von Produkten und deren Wiederaufbereitung für ein Second Life bereits im Design zu berücksichtigen. Und mit der Normungsroadmap Circular Economy trägt die DKE damit dazu bei, die Menge an Elektroschrott zu reduzieren. Alle diese Aspekte werden die Normungsarbeit in den nächsten Jahren begleiten. Trotz des bisher nur grob einschätzbaren Arbeitsumfangs gehen die nationalen und internationalen Normungsgremien – nach allem, was die DKE-Gremienleitungen berichten – aber motiviert und überzeugt an die Arbeit. 

Redaktioneller Hinweis:

Die im Text aufgeführten Normen und Standards können Sie beim VDE VERLAG erwerben.

Zum VDE VERLAG

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