HAS-Schulung 2023

HAS-Schulung im Congress Park Hanau

| Milton Arias
15.08.2023 Veranstaltungsrückblick

Das Harmonized Standards System (HAS)

Bericht des European Commission & DKE Forum Chair, Secretries und Convenors vom 05.06.2023

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Christian Marian
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Normen, die dem Harmonized Standards System (HAS) folgen, werden Harmonisierte Normen (hENs) genannt. Es handelt sich um technische Normen, die von europäischen Normungsorganisationen erstellt werden, um die Umsetzung der Gesetzgebung der Europäischen Union (EU), insbesondere in den Bereichen Produktsicherheit und freier Warenverkehr im Europäischen Binnenmarkt, zu unterstützen.

Das Konzept der harmonisierten Normen zielt darauf ab, technische Handelshemmnisse zu beseitigen und sicherzustellen, dass Produkte, die den harmonisierten Normen entsprechen, als konform mit den grundlegenden Anforderungen der relevanten EU-Richtlinien und -Verordnungen gelten. Durch die Einhaltung dieser harmonisierten Normen können Hersteller nachweisen, dass ihre Produkte die erforderlichen Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen und so den Marktzugang in der gesamten EU erleichtern. Harmonisierte Normen sind nicht verpflichtend, bieten aber die Vermutungswirkung mit der EU-Gesetzgebung. Was harmonisierte Normen sind und wie sie erstellt werden, wurde im European Commission & DKE Chair Secretary and Convenor Forum von Vertretern der Europäischen Kommission, des HAS-Contractor, der HAS-Consultants und von CCMC erläutert.

Austausch aller beteiligten Parteien im HAS-System

In Hanau trafen sich am 5. Juli 2023 zum ersten Mal Vertreter der Europäischen Kommission, Ernst & Young (EY) als HAS-Contractor, HAS-Consultants, CCMC, DKE und über 80 deutsche technische Gremiumsvorsitzende, Sekretär*innen und Convenor beim European Commission & DKE Forum. Das Ziel dieses Forums war ein Austausch zwischen den Experten und allen beteiligten Parteien im Harmonized Standards System (HAS), um offene Fragen zu beantworten und den Status der konformen HAS-Assessments von harmonisierten Normen zu verbessern.

Die Session am Vormittag befasste sich mit dem HAS-System an sich, der Interaktion zwischen den beteiligten Parteien, den Rollen und Verantwortlichkeiten in diesem System und der Erstellung von harmonisierten Normen im internationalen Kontext. Die Präsentationen wurden von einer Frage- und Antwortrunde begleitet.

Die Nachmittagssitzung wurde in zwei vertiefende Breakout-Sessions aufgeteilt. In der ersten tauschten sich die deutschen Experten mit dem HAS-Consultant und dem Desk Officer der Europäischen Kommission zu Fragen im Zusammenhang mit der Niederspannungsrichtlinie (LVD) und den entsprechend beauftragten Arbeiten aus. Die andere Breakout-Session befasste sich mit der Richtlinie Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Diese beiden Sektoren sind zwei der relevantesten im elektrotechnischen Bereich, da mehr als 1000 Normen unter diesen Richtlinien aufgeführt sind.


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Harmonisierte Normen – Europäischer Rechtsrahmen

Harmonisierte Normen stellen durch besondere Merkmale eine gesonderte Form europäischer Normen dar. Das wesentliche Ziel harmonisierter Normen ist es, den europäischen Binnenmarkt auszubauen und den freien Handel zu stärken, indem Handelsbarrieren abgebaut werden.

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Die Verbindung zwischen Normen und Gesetzgebung

Zu Beginn erläuterte Federico Musso, Teamleiter bei der Europäischen Kommission DG GROW Standards Policy, den Hintergrund des Harmonized Standards System. Er betonte die relevanten rechtlichen Grundlagen, wie Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012, der die Vorbereitung, Annahme und Ausführung der Normungsaufträge regelt. Ein weiterer relevanter Artikel dieser Verordnung ist Artikel 8, der das jährliche Arbeitsprogramm der Union (AUWP) festlegt. Um harmonisierte Normen zu erstellen, die im Amtsblatt der Europäischen Union (AUWP) aufgeführt werden sollen, ist es notwendig, die oben genannten Artikel anzuwenden. Die Normen müssen im AUWP und im Normungsauftrag genannt werden. Sobald die Referenz der Norm im Amtsblatt der EU gelistet ist, ermöglicht die Verwendung der Norm die Vermutungswirkung.

Die verschiedenen Rollen und Verantwortlichkeiten im Harmonized Standards System

HAS-Schulung 2023

Aarre Viljanen, Federico Musso, Nadine Petermann, Frédéric Mlanao , Daan Bijwaard

| Milton Arias

Daan Bijwaard, Manager bei EY und verantwortlich für die Anliegen mit der Europäischen Kommission, fuhr mit Erläuterungen zu den Rollen und Verantwortlichkeiten des HAS-Systems fort. Das gesamte HAS-Projekt zielt darauf ab die Klarheit, Qualität, Konsistenz und Kohärenz zu verbessern, wie in Artikel 10 der Verordnung über die europäische Normung festgelegt ist. Das primäre Ziel des EY-Projekts ist es, die Anzahl der nicht gelisteten hENs zu reduzieren.

Zu den wichtigsten Interessengruppen des HAS-Systems gehören die Europäische Kommission (DG GROW sowie die sektorialen Desk Officers), die drei europäischen Normungsorganisationen (ESOs) mit ihren technischen Komitees sowie die HAS-Consultants und der HAS-Contractor (EY). Derzeit umfasst das HAS-System 22 Sektoren, einschließlich EMV und LVD.

Seit der Unterzeichnung des neuen HAS-Vertrags im August 2022 hat das EY-Team über 850 HAS-Assessments von den ESOs erhalten. Über 60 % dieser Anfragen wurden bereits bearbeitet und zur weiteren Prüfung an die ESOs zurückgeschickt. Die Mehrheit der Anfragen für HAS Assessments stammen aus einigen wenigen Sektoren, inklusive EMV und LVD.

Allerdings ist der Anteil der Bewertungsberichte mit "konformen" Ergebnissen in allen Sektoren nach wie vor relativ gering. Zu den kritischen Fragestellungen, die in den Sektoren EMV und LVD häufig zu nicht konformen Ergebnissen führen, gehören Fragen zum technischen Inhalt oder Formalitäten wie undatierte oder veraltete normative Verweise und Probleme mit dem Anhang Z. Angesichts dieser Beobachtungen ist das Hauptziel des HAS-Projekts die Steigerung des positiven HAS Assessments.


Darstellung einer europäischen Flagge und einem Kompass in Vordergrund
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Normen und Standards für ein starkes Europa

In 2022 hat die Europäische Kommission ihre Europäische Normungsstrategie veröffentlicht.

Mit dieser Strategie soll das europäische Normungssystem agil, effizient und zukunftssicher aufgestellt werden. Die EU-Kommission will damit die europäische Industrie im globalen Wettbewerb stärken und Innovationen schneller in den Markt bringen. Es soll zudem sichergestellt werden, dass europäische sowie internationale Normen im Einklang mit den strategischen Interessen und Werten der EU stehen.

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Erstellung von hENs im internationalen Kontext

Als nächstes sprach Frédéric Mlanao, Account Manager für das HAS-System bei CCMC, über die Erstellung von hENs im internationalen Kontext. Er betonte drei wichtige Punkte:

  1. Den Harmonisierungsprozesses und die Entwicklung der europäischen Elemente, wie z. B. Anhang Z so früh wie möglich starten.
  2. Rückmeldung zu den Kommentaren an den HAS-Consultant geben.
  3. Kommunikation mit dem HAS-Consultant sowie Organisation eines Meeting mit ihm/ihr, wenn möglich.

Abschließend betonte er die große Bedeutung datierter, aktiver und veröffentlichter normativer Verweise. Normative Verweise sind häufige Gründe für die negativen HAS-Assessments. Daher empfiehlt er die Verwendung der Checkliste für hENs und eine enge Einhaltung der CEN-CENELEC Geschäftsordnung Teil 3 (IR3). Beide können auf CENELEC BOSS gefunden werden.

Listung von hENs im Amtsblatt der Europäischen Union (OJEU)

Der letzte Redner der Vormittagssitzung war Aarre Viljanen von der Europäischen Kommission. Er gab einen Überblick über den Prozess der Listung von hENs im Amtsblatt der Europäischen Union und verknüpfte die relevanten Artikel der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 mit dem OJEU und der Vermutungswirkung.

Vertiefung in die Niederspannungsrichtlinie (LVD) und Richtlinie Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)

HAS-Schulung 2023

Nadine Petermann, DKE; LVD-HAS-Consultant, John Cotman und Ronald Storrs, EMCD-HAS-Consultant

| Milton Arias

Am Nachmittag folgten zwei Breakout-Sessions zur Niederspannungsrichtlinie (LVD) und der Richtlinie zur Richtline Elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV).

Einer der LVD-HAS-Consultant, John Cotman, war anwesend und leitete zusammen mit dem Desk Officer der Europäischen Kommission, Alexis Basiaux, die LVD Breakout-Session. Bei seiner Zusammenfassung am Ende der Breakout-Session wies John Cotman auf eine Herausforderung hin, die die Risikobewertung betrifft. Obwohl es den CENELEC Guide 32 - Leitlinien für die sicherheitsbezogene Risikobewertung und Risikominderung für Niederspannungsgeräte gibt, geht aus ihm nicht hervor, welche Risiken zutreffen. Dies scheint für einige technische Gremien bei der Ausarbeitung von hEN eine Herausforderung darzustellen. Eine weitere Herausforderung scheinen die normativen Verweise und die Anforderungen zu sein, die von der Europäischen Kommission festgelegt werden. Einige normative Verweise können im internationalen Kontext verwendet werden, sind jedoch im europäischen Kontext nicht zulässig, wie z. B. UL-Standards. Zuletzt wurde erwähnt, dass, wenn ein IEC-Standard nicht alle europäischen Anforderungen erfüllt, der Text auf europäischer Ebene geändert werden müsste. Dies ist jedoch nicht der bevorzugte Weg der Interessengruppen.

Ronald Storrs, der EMCD-HAS-Consultant, leitete seine Breakout-Session zusammen mit dem Legal Officer Nikos Michailidis. Während der Diskussion wurden drei Hauptpunkte erörtert. Erstens, eine allgemeine Einigung darüber, dass das HAS-Assessment so früh wie möglich beantragt werden sollte. Der zweite Punkt, den Ronald Storrs erwähnte, ist, dass Experten auf der ganzen Welt bevorzugen würden, einen einzigen Standard zu haben, d. h. dass derselbe IEC-Standard auch in Europa ohne Änderungen gelten sollte, was bei den meisten harmonisierten Normen der Fall ist. Wenn jedoch die Anforderungen in IEC-Standards von den europäischen Anforderungen abweichen, muss der europäische Standard geändert werden, um eine harmonisierte Norm zu werden. Schließlich soll die harmonisierte Norm die rechtliche Grundlage spezifizieren. Den letzten Diskussionspunkt bildeten alternative Testmethoden. Es gab eine angeregte Diskussion und viele Bedenken, die von den Experten geäußert wurden. Ronald Storrs fasste zusammen, dass alternative Testmethoden für EMV akzeptabel sind, sofern sie äquivalente Ergebnisse liefern.

Erfolgreiches Forum stärkt das europäische Normungssystem

Insgesamt war das EC & DKE Forum ein entscheidendes und erfolgreiches Ereignis zur Stärkung des europäischen Normungssystems. Das Treffen bot eine Plattform für offenen Dialog und diente als Möglichkeit für Experten, ihre Herausforderungen gegenüber der Europäischen Kommission zu formulieren. Gleichzeitig ergriff die Europäische Kommission die Gelegenheit, die Gründe für ihre Methoden und Ansätze zu erläutern. Auch wenn nicht immer eine vollständige Einigung erzielt wurde, bleibt die Bedeutung des gegenseitigen Verständnisses in einem vielschichtigen System, das von der Vermutungswirkung getragen wird, von höchster Bedeutung.

Aus Sicht der Redner steht dieses System aufgrund seiner Fähigkeit, internationalen Normen rechtliche Anerkennung zu verleihen, als Inbegriff von Stärke da. Alle Teilnehmer sind der Meinung, dass diese Austausche von großer Bedeutung sind und häufiger stattfinden sollten.

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