Field Monitoring ist beim hochautomatisierten Fahren sehr komplex und erfordert viel Speicherplatz
DKE: Sie haben unter anderem das Field Monitoring angesprochen. Wie ist in diesem Kontext damit umzugehen? Wo liegt die Verantwortung bei Unfällen?
Goi: Field Monitoring ist beim hochautomatisierten Fahren wesentlich umfassender als bei traditionellen Fahrzeugfunktionen, wo Ausfälle überwiegend auf zufällige Hardwarefehler oder systematische Designfehler zurückzuführen sind. Die Analyse von Feldrückläufern kann zwar mit einem hohen Aufwand verbunden sein, ist aber grundsätzlich möglich, um die entstandenen Probleme auf eine Ursache zurückzuführen.
Beim hochautomatisierten Fahren haben wir es mit einer überaus komplexen Technologie zu tun. Viele Entscheidungen des Systems lassen sich nur vollständig nachvollziehen, wenn alle relevanten Eingangsdaten bekannt sind. Nur um das einmal zu verdeutlichen: Wir sprechen hierbei über Systeme, die im Zweifelsfall mehr als ein Gigabyte Rohdaten pro Sekunde generieren und verarbeiten. Zum Vergleich: Wenn Sie einen Film in HD streamen, liegen Sie bei etwa drei Gigabyte – pro Stunde!
Im Vergleich zu traditionellen Fahrzeugfunktionen ist die Problemstellung deutlich komplexer und dies hat einen direkten Einfluss auf das Field Monitoring. Wenn wir in einer Simulation herausfinden wollen, warum das System eine Fehlentscheidung getroffen hat oder ein Objekt nicht sauber erkannt wurde, dann benötigen wir die Rohdaten – und das bedeutet wiederum eine riesige Menge an Speicherplatz.
Wenn wir nur die letzten 30 Sekunden vor dem Auftreten eines Problems abbilden wollen, müssen wir bereits mindestens 30 Gigabyte an Rohdaten vorhalten. Oder reicht es vielleicht aus, komprimierte Videodaten zu speichern, sodass ein Mensch im Nachgang bewerten kann, ob das System etwas hätte erkennen müssen oder nicht? Dann allerdings lässt sich nicht der wirkliche Grund des Problems klar nachvollziehen, denn die komprimierten Daten sind unzureichend für eine Simulation. Field Monitoring beim hochautomatisierten Fahren erweist sich als sehr komplexes Thema, welches noch nicht abschließend geklärt ist.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage, wo die Verantwortung bei Unfällen liegt, gibt es viele Diskussionen im Hintergrund. Trägt der Fahrzeughalter Verantwortung für eine Technologie, für die er sich entschieden hat, vielleicht sogar zum Teil mit der Intention den Straßenverkehr sicherer zu machen? Oder sind es die Automobilhersteller, die eine solche innovative Entwicklung vorantreiben? Und wie sieht die Rolle des Gesetzgebers aus?
Meine persönliche Meinung: bei Problemen muss geschaut werden, ob während der Entwicklung der eingesetzten KI-Systeme die aktuell gültigen Normen und Standards berücksichtigt und angewandt wurden – so, wie es auch schon heute in vielen anderen Bereichen der Fall ist. Wenn sich also Hersteller am aktuellen „Stand der Technik“ orientieren und diesen in die Entwicklung einfließen lassen, glaube ich nicht, dass ihnen ein Vorwurf gemacht werden kann. Dies war schon immer eine große Stärke der Normung – Sicherheit geben, sowohl allen Verbraucherinnen und Verbrauchern als auch den Unternehmen, die nach diesen Prinzipien handeln. Aber wie gesagt, das ist meine persönliche Meinung und eine fundierte Antwort sollten wir den Juristen überlassen. Vielleicht ergeben sich aber auf der Tagung zur Funktionalen Sicherheit in Erfurt weitere spannende Diskussionen. Ich wäre auf jeden Fall daran interessiert!