Benjamin Hiete (Manager Technische Regulierung beim ZVEI im Bereich Digitalisierung und Recht) erläuterte diesen Rechtsakt der Europäischen Union, dessen Veröffentlichung im Juli 2023 erwartet wird, und der direkt in nationales Recht umgesetzt wird. Ab voraussichtlich 2027 müssen alle Produkte, die in seinen Bereich fallen und erstmalig dem Markt zur Verfügung gestellt werden, ihm folgen (Übernahme per Stichtag).
Die Pflicht zur Drittstellenprüfung besteht bereits bei der jetzigen Maschinenrichtlinie für sicherheitsgerichtete Steuerungen. Dies wird auch bei der neuen Maschinenverordnung so bleiben; sie werden dort im Anhang 1 als „Hochrisiko-Maschinenprodukte“ aufgeführt. „Maschinen, in die Sicherheitsfunktionen wahrnehmende KI-Systeme integriert sind“ werden unter einem Extrapunkt ebenfalls aufgezählt, sodass die neue Maschinenverordnung auch bereits eine Regulierung für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz enthält, nämlich eine spezielle Drittstellenprüfung.
2025 will die EU-Kommission prüfen, ob der oben genannte Anhang 1 erweitert werden soll, also weitere Komponenten oder Maschinen drittstellenpflichtig werden. Grundlage dafür werden Unfallstatistiken sein, die ihr aus den Mitgliedsländern gemeldet werden. Diese wiederum werden in Deutschland von den Berufsgenossenschaften erstellt, wozu sie die bei ihnen eingegangenen Unfallmeldungen ausgewertet werden. Unternehmen sind damit zukünftig in dieses Berichtswesen eingebunden.
Die EU-Kommission beabsichtigt, eine neue Ausgabe des Leitfades zur Maschinenrichtlinie zu veröffentlichen, der dann für die neue Maschinenverordnung gilt und die Interpretationsfragen abdecken soll.
Der sogenannte Cyber Resilience Act der Europäischen Kommission, also der geplante Rechtsakt, um die Widerstandsfähigkeit von „Produkten mit digitalen Elementen“ gegen IT-Sicherheitsangriffe zu erhöhen, stand zwar nicht auf der Tagesordnung, tauchte aber in Vorträgen und Diskussionen immer wieder auf.
Im Anschluss an den Vortrag von Benjamin Hiete meinte Thomas Bömer (Mitglied des Programmkommitees, Institut für Arbeitsschutz der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung), dass Artikel 9 des jetzt vorliegenden Vorschlags von Anwendern so verstanden werden könne, dass beispielsweise für sicherheitsgerichtete Steuerungen nur noch die Konformität gegenüber der kommenden Cyber-Resilience-Verordnung nachgewiesen werden muss, ein Nachweis der funktionalen Sicherheit jedoch nicht als erforderlich angesehen wird. Damit würde auch eine Konformität gegenüber den einschlägigen Normen hinfällig. Es muss befürchtet werden, dass so der Weg für nicht ausreichend sichere Maschinensteuerungen geebnet wird. Hiete wird diesen jetzt unzureichend geregelten Überlappungsbereich der beiden geplanten Rechtsakte im ZVEI ansprechen.