Lithium-Ionen-Akku beginnt mit dem Aufladen der elektrischen Energieversorgung
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24.06.2024 Fachinformation

Die Vor- und Nachteile von Batterien zur Energiespeicherung

Nachdem Länder weltweit auf erneuerbare Energien umsteigen, die sukzessive fossile Brennstoffe ersetzen, ist es Zeit für eine rasche Zunahme von Energiespeicherlösungen in industriellem Maßstab. Batterien sind eine von mehreren Optionen.

Ein Artikel von Catherine Bischofberger für IEC e-Tech.

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  • Bedeutung von Lithium-Ionen-Batterien
  • Bedenken bezüglich Sicherheit und Recycling
  • Batterietechnologie der nächsten Generation

Ein nach wie vor bestehendes Problem bei der Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien wie Wind- oder Solarenergie besteht darin, dass ein Überangebot besteht, wenn die Sonne scheint bzw. der Wind bläst, es jedoch zu Stromengpässen kommen kann, wenn die Sonne untergeht bzw. der Wind nachlässt. Um das Problem der unregelmäßigen Verfügbarkeit von Wind- und Sonnenenergie, von Fachleuten als intermittierende Energiequellen bezeichnet, zu lösen, muss die Energie gespeichert werden, wenn ein Überangebot vorhanden ist, um diese später zu nutzen, wenn sie knapp ist.

Zur Speicherung erneuerbarer Energien werden verschiedene Technologien eingesetzt, darunter sog. Pumpspeicher. Diese Form der Energiespeicherung macht aktuell mehr als 90 Prozent der weltweiten Energiespeicher mit hoher Kapazität aus. In Zeiten geringen Energiebedarfs wird Strom genutzt, um Wasser in höher gelegene Wasserreservoirs zu leiten. Wenn die Nachfrage am höchsten ist, wird das Wasser durch tiefer gelegene Turbinen geleitet und wieder zurück in Strom umgewandelt. Pumpspeicher sind zudem nützlich, um Spannungsniveaus zu steuern und die Stromqualität im Netz aufrechtzuerhalten. Es handelt sich um ein bewährtes System, das allerdings auch Nachteile hat. Wasserkraftprojekte sind groß und teuer, die Investitionskosten sind extrem hoch. Auch geografische Anforderungen sind sehr hoch. Pumpspeicherkraftwerke müssen in bergigen bzw. hügeligen Regionen mit hohem Wasservorkommen gelegen sein. Will die Welt ihre Netto-Null-Emissionsziele erreichen, braucht sie Energiespeicheranlagen, die so gut wie überall und in großem Maßstab gebaut werden können.

IEC-Normen stellen sicher, dass Wasserkraftprojekte sicher und effizient sind. Das technische Komitee IEC/TC 4 veröffentlicht eine Reihe von Normen zu hydraulische Turbinen und zugehöriger Ausstattung. IEC/TC 57 veröffentlicht grundlegende Normen für das Smart Grid. Eine der wichtigsten IEC 61850-Normen legt die Rolle von Wasserkraft fest und unterstützt sie bei der Integration in das Stromnetz im Rahmen der Digitalisierung und Automatisierung.


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Lithium-Ionen-Batterien werden immer besser

Batterien sind eine der offensichtlichen anderen Lösungen für die Energiespeicherung. Derzeit sind Lithium-Ionen-Batterien (Li-Ion) die bevorzugte Option. Versorgungsunternehmen auf der ganzen Welt haben ihre Speicherkapazitäten durch den Einsatz von Lithium-Ionen-Superspeicherbatterien erweitert. Diese riesigen Batterien können zwischen 100 und 800 Megawatt (MW) an Energie speichern. Die Energiespeicheranlage des kalifornischen Unternehmens Moss Landing ist Berichten zufolge mit einer Gesamtkapazität von 750 MW/3 000 MWh die größte der Welt.

Der Preis für Lithium-Ionen-Batterien ist in den letzten Jahren enorm gesunken, gleichzeitig können sie immer größere Energiemengen speichern. Viele der Fortschritte, die diese Batterien gemacht haben, sind auf den Wettlauf der Automobilindustrie zurückzuführen, kleinere, billigere und leistungsfähigere Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos zu bauen.  Die Leistung, die von einer Lithium-Ionen-Zelle erzeugt wird, beträgt etwa 3,6 Volt (V). Sie ist höher als die Leistung von standardmäßigen Nickel-Cadmium-, Nickel-Metallhydrid- und sogar standardmäßigen Alkalibatterien mit etwa 1,5 V und Bleibatterien mit etwa 2 V pro Zelle, sodass in vielen Batterieanwendungen weniger Zellen benötigt werden.

Lithium-Ionen-Zellen werden vom technischen Komitee IEC/TC 21 genormt, das die Normenreihe IEC 62660 zu Lithium-Ionen-Sekundärzellen für den Antrieb von Elektrofahrzeugen veröffentlicht. Außerdem veröffentlicht TC 21 Normen zu Speicheranlagen für erneuerbare Energien. Die erste Norm, IEC 61427‑1, legt allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren für netzunabhängige Anwendungen und von PV-Modulen erzeugten Strom fest. Die zweite Norm, IEC 61427-2, macht dasselbe, allerdings für netzgebundene Anwendungen, die die Energie aus großen Wind- und Solarparks beziehen.

Herbert Giess, Experte von TC 21, erklärt: „Die Normen konzentrieren sich auf die richtige Charakterisierung der Batterieleistung, unabhängig davon, ob sie dazu genutzt wird, einen Kühlschrank in den Tropen, in dem Impfstoff gelagert wird, mit Strom zu versorgen oder um einen flächendeckenden Stromausfall zu verhindern. Da die Normen größtenteils chemieunabhängig sind, d. h. sie gelten für Bleibatterien genauso wie für Lithium-Ionen-Batterien, ermöglichen sie Anlagenplanern bzw. Endkunden, Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen, selbst wenn unterschiedliche Batteriechemien involviert sind.“

IEC/TC 120 wurde eigens für die Veröffentlichung von Normen im Bereich netzintegrierter elektrischer Energiespeichersysteme zur Unterstützung der Netzanforderungen eingerichtet. Ein elektrisches Energiespeichersystem ist ein integriertes System mit Komponenten, wobei das auch bereits genormte Batterien sein können. Das technische Komitee arbeitet aktuell an einer neuen Norm, IEC 62933‑5‑4, die Sicherheitsprüfmethoden und -verfahren für Energiespeichersysteme auf Basis von Lithium-Ionen-Batterien festlegen wird.

IECEE (IEC System of Conformity Assessment Schemes for Electrotechnical Equipment and Components) ist eines von vier Konformitätsbewertungssystemen der IEC. Hierbei werden die Sicherheit, die Interoperabilität der Leistungskomponenten, die Energieeffizienz, die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) und gefährliche Inhaltsstoffe von Batterien geprüft.


Kraftwerk mit einer PV-Anlage und Windrädern im Hintergrund
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Die wichtigsten Speichertechnologien für die All Electric Society

Energiespeicher gleichen die höchst volatile Produktion der Erneuerbaren Energien zum Teil aus. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur lokalen Versorgungssicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Strom und Wärme – und sind deshalb auch entscheidend für die Vision der All Electric Society.

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Bedenken bezüglich Sicherheit und Recycling

Es gibt allerdings auch zahlreiche, gut dokumentierte Nachteile bei der Nutzung von Lithium-Ionen-Batterien zur Energiespeicherung. Die Leistung von Lithium-Ionen-Batterien lässt mit der Zeit nach, wodurch ihre Speicherfähigkeit eingeschränkt wird. Es gibt außerdem Bedenken hinsichtlich des Recyclings der Batterien, wenn sie ihrer Speicherfunktion nicht mehr nachkommen können, sowie hinsichtlich der Beschaffung des benötigten Lithiums und Kobalts. Besonders Kobalt wird häufig illegal abgebaut, oft auch durch Ausnutzung von Kinderarbeit. Einer der wichtigsten Kobaltproduzenten ist die Demokratische Republik Kongo. Die Herausforderungen bei der Energiespeicherung sind auch Gegenstand von Projekten, die vom IEC Global Impact Fund gefördert werden. Das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien ist ein Aspekt, der betrachtet wird.

Und nicht zuletzt sind Lithium-Ionen-Batterien brennbar. Zwischen 2017 und 2019 gingen in Südkorea mehrere Anlagen, die Lithium-Ionen-Batterien zur Energiespeicherung einsetzten, in Flammen auf. Auch wenn die Ursachen, in erster Linie mangelhafte Installationen, identifiziert wurden, fehlte das Bewusstsein für die mit Lithium-Ionen-Batterien verbundenen Risiken, darunter das sog. thermische Durchgehen (en: thermal runaway).

IEC/TC 120 hat vor kurzem eine neue Norm veröffentlicht, die sich damit auseinandersetzt, wie auf Batterien basierende Energiespeichersysteme recycelte Batterien nutzen können. IEC 62933‑4‑4 zielt darauf ab, mögliche Auswirkungen auf die Umwelt durch wiederverwendete Batterien zu untersuchen und entsprechende Anforderungen festzulegen.

Neue Batterietechnologie

Andere Batterietechnologien sind auf dem Vormarsch, darunter Festkörperbatterien oder SSBs (en: solid state batteries).  Nach Angaben des B-to-B-Beratungsunternehmens IDTechEx entwickeln sich diese zu den Spitzenreitern im Rennen um die Batterietechnologie der nächsten Generation. Festkörperbatterien ersetzen den brennbaren flüssigen Elektrolyt durch einen Festkörperelektrolyt (en: solid state electrolyte, SSE), der entsprechende Sicherheitsvorteile bietet. SSEs ebnen außerdem den Weg für die Verwendung unterschiedlicher Kathoden- und Anodenmaterialien und erweitern so die Möglichkeiten des Batteriedesigns. Auch wenn einige SSBs auf der chemischen Zusammensetzung von Lithium-Ionen basieren, folgen nicht alle diesem Weg. Das Problem ist, dass echte SSBs, die ganz ohne Flüssigkeit auskommen, noch sehr weit von der Markteinführung entfernt sind, auch wenn sie irgendwann in der Zukunft eine vielversprechende Alternative darstellen könnten.

Laut IDTechEx steht die Einführung von SSBs vor Herausforderungen, darunter hohe Investitionskosten, vergleichbare Betriebskosten und ein hoher Preis. Um die Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu gewinnen, müssen klare Nutzenversprechen vorgelegt werden. Der Markt könnte SSBs annehmen, selbst wenn sie geringe Mengen an Flüssig- oder Gelpolymeren enthalten, solange sie die gewünschten Eigenschaften bieten. Hybride halbfeste Batterien könnten eine Übergangslösung sein, die eine bessere Leistung bietet. Kurzfristig könnten hybride SSB, die einen geringen Anteil an Gel oder Flüssigkeit enthalten, häufiger zum Einsatz kommen.

Das Rennen um die nächste Generation von Batterien hat begonnen. Es gibt zwar noch keine Normen für diese neuen Batterien, aber es ist zu erwarten, dass sie auftauchen werden, wenn der Markt sie braucht.


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