Intelligente Stromzähler für intelligente Stromnetze

e-Tech: Wie hat COVID-19 die Arbeit von IEC/TC 13 beeinflusst?

Jensen: Zunächst wurden wir alle davon überrumpelt, wie unvermittelt die Krise eingetreten ist. Wir mussten von jetzt auf gleich auf dieselben Werkzeuge zugreifen, was eine Herausforderung für viele große Unternehmen war, nicht nur hinsichtlich des Datenvolumens, sondern auch bezüglich der Cybersecurity. Doch schon nach kurzer Zeit haben sich die Organisationen auf die Situation eingestellt und die Meetings wurden effizienter.

Die Fachleute von IEC/TC 13 (DKE/K 461) kommen aus allen Teilen der Welt und müssen zu Präsenzmeetings anreisen. Durch die Umstellung auf Online-Meetings konnten wir die Teilnehmerzahl erhöhen. Allerdings müssen praktische Aspekte, wie die unterschiedlichen Zeitzonen, berücksichtigt werden und wir wissen aus Erfahrung, dass die Teilnahme an Präsenzmeetings das Engagement der Teilnehmer*innen und das gemeinsame Verständnis erhöhen kann.

Insgesamt hat diese globale Krise zumindest ein positives Ergebnis – und zwar, dass Organisationen, wie die IEC, dazu gebracht wurden, verstärkt digitale Technologien zu nutzen. Aber natürlich freuen wir uns darauf, uns wieder persönlich treffen zu können.

e-Tech: Wie wichtig sind Smart Meter für die Widerstandsfähigkeit von Stromnetzen und die Bereitstellung von Strom für alle trotz steigender Nachfrage?

Jensen: In entwickelten Ländern hat sich das Smart Meter von einem einfachen Abrechnungsgerät zu einem integralen Bestandteil des Stromnetzes entwickelt, das Energieniveaus überwacht und das Lastmanagement unterstützt. Fortschrittliche Laststeuerung ist ein Eckpfeiler für den Aufbau resilienter Stromnetze, die in der Lage sind, einen hohen Anteil lokaler regenerativer Energieerzeugung sowie dynamische Lasten, wie das Laden von Elektrofahrzeugen, zu unterstützen. In Zukunft wird sich diese Entwicklung noch verstärken, wenn die immer größer werdenden Batteriespeicher es möglich machen, Energie für kommerzielle Zwecke in das Netz zu speisen und dieses bei Bedarf auch zu unterstützen, um Energieengpässe zu vermeiden.

In Entwicklungsländern ist nach wie vor das hohe Maß an nicht technischen Verlusten und unbezahlten Rechnungen eines der Hauptprobleme von Energieversorgungsunternehmen. Es beeinträchtigt die Fähigkeit von Energieversorgungsunternehmen, in eine Modernisierung des Netzes zu investieren, um damit nur ein Beispiel zu nennen. Im Laufe der Zeit kann dies dazu führen, dass die Zahl an Stromausfällen deutlich steigt. Um das Problem zu lösen, wurden Stromzähler mit verschiedenen technischen Möglichkeiten ausgestattet.

Eine äußerst wirksame erste Maßnahme, die kontinuierlich verbessert wird, ist der Einsatz von Prepaid-Stromzählern (en: prepayment metering, PPM). Durch die neue Generation vernetzter Smart Meter kann mit Hilfe modernster Datenanalyse Betrug viel schneller entdeckt werden als dies früher möglich war. Wir können aber nicht ignorieren, dass soziale Aspekte ebenfalls äußerst wichtig sind und dass unterschiedliche Länder das Thema unterschiedlich angehen.

Smart Meter: Flexibles Energiemanagement und digitales Rückgrat für die Energiewende

Smart Meter werden zum neuen Standard für die Messung, Speicherung und Auswertung des eigenen Stromverbrauchs. Für die Zukunft intelligenter Stromnetze sind sie daher unerlässlich.

Verbraucher profitieren im eigenen Zuhause von den Vorteilen, die Smart Meter mit sich bringen.

e-Tech: Wie hat sich der Aufgabenbereich von IEC/TC 13 im Laufe der Jahre verändert? Was sind die größten Herausforderungen?

Jensen: IEC/TC 13 hat stets eine zentrale Rolle als Normungsgremium für die elektrische Energiemessung zur Abrechnung und Laststeuerung gespielt. Viele unserer Normen sind zuverlässige Arbeitsgrundlagen, die seit Jahrzehnten genutzt und auch kontinuierlich weiterentwickelt werden, um mit den neuesten Technologien Schritt zu halten und unter anderem Umweltbedingungen und Änderungen der elektromagnetischen Kompatibilität Rechnung zu tragen.

Die Einführung von intelligentem Messen („Smart Metering“) und die starke Verbreitung dieser Technologie auf der ganzen Welt haben neue Herausforderungen für uns geschaffen. Viele Länder verwenden unsere Normen als Grundlage für ihre rechtlichen Rahmenbedingungen und nutzen sie für die unterschiedlichsten Ausschreibungen. Das bedeutet, dass Energieversorgungsunternehmen bzw. Messdienste, die Stromzählersysteme nutzen, normalerweise nur Produkte verwenden können, die nach IEC-Normen zertifiziert sind.

Der Normungsrahmen für Smart Metering, IEC 62056, für die Datenkommunikation der elektrischen Energiemessung, auch bekannt als DLMS/COSEM™ Reihe, ist so ausgelegt, dass er viel Flexibilität bietet. Ein gutes Beispiel für die Flexibilität, die der Rahmen bietet, ist, dass Erweiterungen gemacht wurden, um verschiedene Kommunikationsprofile zu unterstützen, ohne dass die Grundlage der Norm verändert wurde. Produkte, die die Normen von IEC/TC 13 einhalten, weisen Interoperabilität und den größtmöglichen Schutz vor Cyberangriffen auf, was wesentliche Eigenschaften für Energieversorgungsunternehmen und Messdienste sind.

Einige der größten Herausforderungen liegen jedoch vielleicht noch vor uns. Die schnelle Entwicklung in einigen Anwendungsgebieten, insbesondere bei Smart Grids, Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und flexibler Laststeuerung, erfordert Messungen nicht nur zu Abrechnungszwecken, sondern auch, um zu kontrollieren und zu bestätigen, dass Energiedienstleistungen erbracht werden. Hierfür muss eine gute Arbeitsbeziehung mit anderen TCs aufgebaut werden, um die Arbeit zu koordinieren und sicherzustellen, dass Normen, wie vom Markt erwartet, zügig veröffentlicht werden.

Da die elektrische Mobilität ein wichtiges Zukunftsthema der Normung darstellt, ist es wichtig, dass IEC-Normen alle Felder in diesem Bereich abdecken, inklusive Abrechnung und Zertifizierung von Ladeservices. Die Normen von IEC/TC 13 decken bereits einen großen Teil dessen, was erforderlich ist, ab, aber wir wissen, dass Ergänzungen unserer Normen notwendig sind, um diese Anforderungen vollständig zu erfüllen.

Eine weitere wichtige Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass die Normen von IEC/TC 13 weltweit Anwendung finden, um die Anforderungen regionaler Märkte zu unterstützen.

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e-Tech: IEC/TC 13 arbeitet mit IEC/TC 57, TC/8, TC/69 und dem SyC Smart Energy zusammen. Wie ist hier der aktuelle Stand?

Jensen: IEC/TC 13 ist seit jeher eng mit IEC/TC 57 verbunden, da es unsere natürliche Verbindung zum Stromnetz ist. IEC/TC 57 erarbeitet wesentliche Normen für das Smart Grid, die sich mit der Automatisierung von Netzstationen bzw. der Integration von Geräten am Netzwerkrand („Edge Devices“) beschäftigen.

Was die Zusammenarbeit angeht, so haben wir kürzlich eine gemeinsame Arbeitsgruppe wieder zum Leben erweckt, die für das Mapping zwischen dem Common Information Model, definiert in Normen von IEC/TC 57, und unseren DLMS/COSEM™-Datenmodellen und Nachrichtenprofilen zuständig ist.

Die Zusammenarbeit mit IEC/TC 8, das sich mit der Normung von Systemaspekten der elektrischen Energieversorgung beschäftigt, und IEC/TC 69, das Normen für Energieübertragungssysteme für elektrische Fahrzeuge erarbeitet, besteht noch nicht so lange und ist durch SyC Smart Energy entstanden. Wir haben jetzt Verbindungen zu diesen beiden Technischen Komitees aufgebaut und erwarten, im Laufe des nächsten Jahres damit zu beginnen, Unterstützung seitens IEC/TC 13 zu bieten.

e-Tech: Was sind die Prioritäten von IEC/TC 13 in Bezug auf Normungsprojekte? Ist Cybersicherheit ein wichtiges Thema?

Jensen: IEC/TC 13 hat seine letzte Plenarsitzung im April 2021 abgehalten, was uns ermöglicht hat, unser Arbeitsprogramm für die kommende Zeit zu überprüfen. So werden wir beispielsweise Normen für Multienergie-Mehrtarifzähler und Zähler für unterschiedliche elektrische Energiearten veröffentlichen. Eine weitere Priorität bleibt die Aktualisierung der DLMS/COSEM™-Kommunikationsnormen (IEC 62056 Teile 5-3, 6-1 und 6-2). Über das Arbeitsprogramm hinaus sind wir nun aktives Mitglied von SyC Smart Energy, was es uns ermöglicht, uns mit anderen Technischen Komitees, wie IEC/TC 8, IEC/TC 57 und IEC/TC 69, abzustimmen. Das sollte eine Grundlage für die Ausweitung unserer Aktivitäten bieten, was wiederum zu einer Aktualisierung unserer Projekte und unseres Arbeitsprogramms führen wird.

Cybersecurity ist ein wesentlicher Aspekt beim Einsatz von intelligenten Stromzählern, da sie Teil der kritischen Infrastruktur eines Stromnetzes sind. IEC/TC 13 hat die fortwährende Aufgabe, mit den neuesten Erkenntnissen in diesem Bereich Schritt zu halten und sicherzustellen, dass wir modernste Technologien in unseren Normen berücksichtigen. Die Normenreihe IEC 62056 legt Schutzmechanismen auf Anwendungsebene auf Basis von „Best-in-Class“-Lösungen fest.

Allein die Zunahme des Umfangs der Kapitel zu Cybersecurity in unseren Normen zeigt, wie wichtig das Thema ist. Wir sind bereit, mit anderen Technischen Komitees in diesem Bereich zusammenzuarbeiten. Abschließend möchte ich anmerken, dass eine der größten Herausforderungen für uns alle ist, in Bereichen, die mit dem Stromnetz zu tun haben, Cybersecurity-Fachleute zu rekrutieren und zu halten.

Redaktioneller Hinweis:

Der englischsprachige Originalartikel erschien erstmals auf etech.iec.ch in der Ausgabe 05/2021.
Zu finden unter: https://etech.iec.ch/issue/2021-05/smart-meters-for-smart-grids

Die im Text aufgeführten Normen können Sie nach Veröffentlichung beim VDE VERLAG erwerben.

In der alltäglichen und gesellschaftlichen Diskussion ist sie ein ebenso großes Thema wie in der DKE – die Rede ist von der Energie. Unsere Normungsexperten bringen ihr Wissen aber nicht nur ein, um die Energieversorgung und -verteilung zukünftig „smart“ und dezentral zu machen, sondern leisten einen ebenso hohen Beitrag für den Betrieb elektrischer Anlagen und bei der flächendeckenden Verbreitung erneuerbarer Energien. Weitere Inhalte zu diesem Fachgebiet finden Sie im