Tablet zur Haussteuerung von unterwegs
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17.09.2020 Fachinformation

Energiemanagement im Smart Home erfordert das Zusammenspiel zahlreicher Akteure und Branchen

Der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtstrommix nimmt weiter zu. Gleichzeitig etablieren sich Smart Home, Elektrofahrzeuge und Mini-PV-Anlagen zunehmend in unserem Alltag. Aber ohne ein gut durchdachtes und breitflächig angelegtes Energiemanagement wird diese große Menge an flexiblen Lasten praktisch kaum gesteuert werden können. Erforderlich hierfür: das Zusammenspiel aller beteiligten Akteure auf Grundlage standardisierter Technik.

Dies ist der zweite Teil unserer Serie zu Smart Home & Living.

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Bernd Stäblein

Energiemanagement ein Kernelement von Smart Home & Living

Smart Home dient als Oberbegriff für technische Verfahren und Systeme in Wohnräumen und -häusern, in deren Mittelpunkt eine Erhöhung von Wohn- und Lebensqualität, Sicherheit und effizienter Energienutzung auf Basis vernetzter und fernsteuerbarer Geräte und Installationen sowie automatisierbarer Abläufe steht.

Smart Home beinhaltet sowohl die Vernetzung von Haustechnik, wie Beleuchtung, Jalousien, Heizung, aber auch Haushaltsgeräte, und die Vernetzung von Komponenten der Unterhaltungselektronik. Dabei können Smart-Home-Anwendungen gegebenenfalls auch über Internet, integrierte Webserver oder über Anwendungssoftware und mobile Geräte gesteuert werden. Der Kunde entscheidet, welche Funktionalität er nutzen möchte.

Ein intelligentes Energiemanagement unter Anwendung von Smart Metering zur Überwachung und Steuerung einer effizienten Energienutzung ist dabei ein integraler Bestandteil von Smart Home. Ebenfalls sind Aspekte einer intelligenten Energieversorgung (Smart Grid) für Ladeeinrichtungen der Elektromobilität von zukünftiger Bedeutung für ein ganzheitliches Smart Home mit Energiemanagement in Wohnhäusern.

Die Normungsroadmap Smart Home & Living verfolgt das Ziel, den Normungsbedarf zu identifizieren und Lücken in der Standardisierung zu schließen.


Smart Home Living Grafik
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Die Deutsche Normungsroadmap Smart Home & Living (2020)

ist in sechs Domänen aufgeteilt, die den aktuellen Stand der Normung, Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Sie lebt von den beteiligten Expertinnen und Experten, die ihre Erfahrungen, Ideen und ihr Wissen in gemeinsamen Workshops zusammentragen.

Zur Normungsroadmap Smart Home & Living

Bedeutung der Smart-Home-Standardisierung bei der Digitalisierung der Energiewende

Der zunehmende Anteil von alternativen Stromerzeugungsstrukturen und die dezentrale Einspeisung bei zunehmender Reduzierung von Stromerzeugung aus Großkraftwerken erfordern regulatorische Maßnahmen, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. 2016 hat der Bundestag den beschleunigten Umbau der Elektrizitätsversorgung zu einem dezentralen System mit bidirektionalen Informations- und Stromflüssen beschlossen und das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) verabschiedet.

Die zwingende Anforderung zur Dekarbonisierung unserer Energiewirtschaft, unserer Wärmeerzeugungsstrukturen bis hin zur Umgestaltung in Richtung der Elektromobilität befördern weiterhin die Notwendigkeit einer Digitalisierung mit übergreifendem Ansatz. Neben zentralen Kraftwerkseinheiten, die über das Land verteilt in die Stromnetze einspeisen, setzen immer mehr Kunden auf die Kombination von elektro-basierten Heizungen und regenerativen Energien. Dies führt zu einer Vielzahl verteilter Energieerzeugungseinheiten und -lasten, die es gilt, flexibel zu managen.

Bei aller Notwendigkeit von regulatorischen Eingriffen durch die Verteilnetzbetreiber müssen in hohem Maße ebenso die individuellen Nutzungswünsche der Kunden berücksichtigt werden und Eingang in die Gesamtstruktur finden.

Smart Home und Smart Living stehen damit im Zentrum der Anwendersysteme und der damit verbundenen notwendigen Standardisierung von technischen Systemschnittstellen und Datenstrukturen.


Mehrere Elektrometer nebeneinander
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Smart Meter: Flexibles Energiemanagement und digitales Rückgrat für die Energiewende

Smart Meter werden zum neuen Standard für die Messung, Speicherung und Auswertung des eigenen Stromverbrauchs. Für die Zukunft intelligenter Stromnetze sind sie daher unerlässlich.

Verbraucher profitieren im eigenen Zuhause von den Vorteilen, die Smart Meter mit sich bringen.

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Ganzheitliche, durchgängige Lösungen zum Nutzen der Verbraucher

Die dem Kunden zur Verfügung stehenden Steuerungseinheiten müssen durchgängig die Beeinflussbarkeit durch die Nutzer sicherstellen. Es sind nicht singuläre Einzellösungen für eine Anwendung gefragt, sondern ganzheitlich durchgängige Lösungen, die dem Anwender eine barrierefreie und skalierbare Nutzung ermöglichen.

Interoperable Systeme und Komponenten sind in diesem Zusammenhang eine wesentliche Voraussetzung, um die freie Entfaltungsmöglichkeit der Marktteilnehmer zu ermöglichen und langfristig zu gewährleisten. Dabei muss europäisch gedacht werden: Nationale Alleingänge schränken die Wettbewerbsfähigkeit für die Hersteller und die Attraktivität von Smart-Home-Lösungen für den Verbraucher ein.


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Handlungsbedarf für Politik und Verbände

Beim Creativ Dialog, der am 5. Februar 2020 stattfand, haben Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen eine Vielzahl von Herausforderungen, Ideen und Lösungsmöglichkeiten im Sinne der Standardisierungs- und Konsolidierungsbestrebungen für die Weiterentwicklung von Smart Home & Living hin zum Volumenmarkt erarbeitet.

Darüber hinaus sind weitere Ausbildungsbedarfe sowie politische Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Diese sind in der folgenden Aufzählung genannt und werden nun in zukünftigen Workshops von der Expertengruppe den einzelnen Domänen zugeordnet und priorisiert. Daraus ergeben sich dann konkrete Arbeitsaufträge an Politik und Verbände.

Herausforderungen

  • Auswahl des Produktsortiments
  • Proprietäre Lösungen versus Interoperabilität
  • Hohe Komplexität
  • Berührungsängste (Know-how wie Geräte funktionieren und in Betrieb genommen werden)
  • Investitionsrisiko
  • Mangelndes Wissen zu Kosten-Nutzungsverhältnis
  • Mangelnde Zuverlässigkeit im Betrieb
  • Mangelndes Vertrauen in die Nutzung der Daten
  • Unsichere Geräte bezüglich der Datensicherheit

Lösungen

Internationale Standards schaffen zu:

  • Tarifbasiertes Energiemanagement (variable Tarife, Wahlfreiheit auf Kundenseite)
  • Saisonale Speicherung von Energie
  • Wie werden die unterschiedlichen Energieformen ineinander überführt?
  • Energiemanagement als Planungsaspekt (Ausbildung hinsichtlich Sektorkopplung, Anpassung der Ausbildungsgeschwindigkeit)
  • Gebäude wird zur Energiequelle
  • Konfigurationsmechanismen (u.a. Plug and Play)
  • Zukunftssichere Geräte unter dem Gesichtspunkt der Kompatibilität
  • Sichere Datenübertragung (Signatur)
  • Datenspeicherung

Ausbildungsprofile

  • Planer/Handwerker/Betreuungspersonal (Silo-basierte Ausbildung vermeiden, Notwendigkeit einer quergestochenen Ausbildung über die Funktionsbreite des Smart Homes)
  • Energiemanagement als Planungsaspekt (Ausbildung hinsichtlich Sektorkopplung, Anpassung der Ausbildungsgeschwindigkeit mit der technologischen Weiterentwicklung und den Anwendungen)

Politische Rahmenbedingungen

  • Verbraucherverbände bieten übergreifende Informationsplattformen an
  • Wirtschaftsinitiative Smart Living (WISL) beitreten oder unterstützen
  • Entbürokratisierung
  • Konformitätsnachweise
  • Klärung der Gesetze auf nationaler oder europäischer Ebene
  • Wirksame Marktüberwachung auch zum Umgang mit Daten
  • Finanzielle Förderung für Anschaffung/Betrieb für Geräte/Systeme zur Unterstützung von des Gebäudeautomation/Energiemanagements

Redaktioneller Hinweis:

Die im Text aufgeführten Normen können beim VDE VERLAG erworben werden.

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Unsere Artikelserie zu Smart Home & Living