Smart Home Living Grafik
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05.08.2020 Publikation

Normungsroadmap Smart Home & Living

Das eigene Zuhause wird zunehmend intelligenter – und unser Alltag komfortabler, sicherer und energieeffizienter. Die „Normungsroadmap Smart Home & Living“ umfasst sechs Domänen, die den aktuellen Stand der Normung, Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Sie lebt von den beteiligten Expertinnen und Experten, die ihre Erfahrungen, Ideen und ihr Wissen in gemeinsamen Workshops zusammentragen.

„Smart Home“ hat sich in den vergangenen Jahren als Begriff für Technologien in Wohnräumen und Wohngebäuden durchgesetzt, bei denen vernetzte Geräte und Systeme den Wohnkomfort und die Sicherheit verbessern sowie eine effizientere Energienutzung ermöglichen.

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Stephan Pillmann

Die Digitalisierung und Vernetzung aller Bereiche der menschlichen Erlebniswelt führen auch in häuslicher Umgebung zu Veränderungen, die neue Möglichkeiten beim Wohnen und Arbeiten im eigenen Zuhause mit sich bringen. Smart Home & Living bettet sich ein in die Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung der Infrastruktur und Verbesserung der Lebensqualität im urbanen Raum. Dies umfasst Bereiche, wie beispielsweise

  • die Ökonomie,
  • das soziale Umfeld,
  • die Lebens- und Arbeitsumgebung,
  • die Mobilitätsunterstützung oder
  • den Umgang mit den Behörden.

Bei Smart Home & Living geht es um die Integration und Nutzung von Informations- und Telekommunikationstechnologien in der heimischen Umgebung, die eine neue Erfahrungswelt ermöglichen und bekannte Aktivitäten im Hinblick auf Energiemanagement, Gesundheit, Wohnkomfort, Wohnungssicherheit und Informationssicherheit und kosteneffizienter oder bequemer machen. Entscheidender Erfolgsfaktor wird dabei die Interoperabilität, also die Vereinheitlichung der Smart-Home-Infrastruktur, sein.

Was verstehen wir unter Smart Home & Living?

Smart Home & Living umfasst den privat genutzten Wohn- und Außenraum (im Eigentum/zur Miete; im Mehrfamilienhaus oder Eigenheim; im Bestand und beim Neubau) und damit auch eine unbegrenzte Entität von Wohnungen mit einer entsprechenden Größe des Gesamtgebäudes (Hochhaus, Wohnblock), solange der private Bereich tangiert und die individuellen Bedürfnisse nach Wohnsicherheit, Informationssicherheit, Komfort, Gesundheit und Energieeffizienz der Bewohner befriedigt werden.

Beim Smart Home steht die Privatperson im Vordergrund. Hiervon unterscheidet sich das Smart Building als gewerblich genutztes Gebäude, bei dem nicht die darin arbeitenden Personen, sondern das Gebäude im Fokus steht. Die Mechanismen zur Interoperabilität sollten sowohl im privaten als auch im gewerblichen Gebäude gleich sein.

Definition: Smart Home

In Band 1 der Studienreihe zur Heimvernetzung des BITKOM e.V. (Glasberg & Feldner, 2008) findet sich folgender Definitionsversuch:

Unter den Begriffen Connected Home, Elektronisches Haus, Intelligentes Wohnen, Smart Home, Smart House, etc. verbergen sich eine Reihe von Ansätzen für künftiges Leben, Wohnen und Arbeiten im privaten Wohnbereich. All diesen Begrifflichkeiten gemein ist die Notwendigkeit, den Bewohnern Systeme zur Verfügung zu stellen, die ihre individuellen Bedürfnisse nach Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz befriedigen.

Ein Smart Home ist somit mehr als eine Ansammlung einzelner intelligenter Geräte:

  1. Die Bedürfnisse der Bewohner/-innen werden durch eine Vielzahl von Sensoren und smarten Geräten erfasst, die eine intuitive Ansteuerung ermöglichen.
  2. Die aufgenommenen Informationen werden unter Berücksichtigung des aktuellen Zustandes und der Antizipation potentieller Zustände verarbeitet.
  3. Es folgt eine Aktion auf die aufgenommenen Informationen und die darauf basierende Interpretation. Hierzu dient ein ausgereiftes Connected Home Netzwerk, welches ein simples und sicheres Zusammenspiel der Geräte aus den Bereichen der Unterhaltungselektronik (CE), der Informations- und Kommunikationstechnik (ITK), Elektrohaushalt (Herd, Kühlschrank, etc.) und Haustechnik (Alarmanlagen, Heizungs- und Lichtsteuerung, etc.) über Schnittstellen, Software etc. mit Hilfe von drahtgebundenen bzw. drahtlosen Technologien ermöglicht.

Smart Home & Living gliedert sich in sechs Domänen

Damit eine strukturierte Darstellungsweise möglich ist, wird das gesamte Thema in sechs Domänen unterteilt. Als Domänen werden die Anwendungsgruppen

  • Smart-Home-Infrastruktur,
  • Energiemanagement,
  • Gesundheit,
  • Wohnkomfort,
  • Wohnungssicherheit und
  • Informationssicherheit

bezeichnet, die einer Gliederung der vielfältigen und smarten Funktionen dient.

Bestimmte Einzelfunktionen, wie beispielsweise eine Rollladen-Steuerung, können in mehreren Domänen genutzt werden: So dient eine Rollladen-Steuerung gleichzeitig den Domänen „Wohnkomfort“ und „Energiemanagement“. Wohnkomfort, weil sich die Rollladen-Steuerung automatisch an den Sonnenstand anpassen kann. Dieser Vorgang wiederum hat wesentlichen Einfluss auf das Energiemanagement, denn wenn die Sensoren der Rollladen-Steuerung genug Sonneneinstrahlung registrieren, könnte eine Kommunikation zwischen Rollladen-Steuerung und der Beleuchtung erfolgen. Infolgedessen ist es möglich, die Lampen in bestimmten Wohnräumen automatisch zu dimmen oder auszuschalten.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind diese Aspekte bei einzelnen Domänen angesiedelt. Für die Standardisierung ergibt sich jedoch die Situation, dass sich für diese Anwendungen und ihre gewünschte Interoperabilität die Erfüllung der Normen aller Domänen als Randbedingung ergibt.

Sechs Domänen als Bestandteil der Normungsroadmap Smart Home & Living

Ziele dieser Normungsroadmap: Interoperabilität und Konformität

Interoperabilität

In allen Untersuchungen, Studien und in Marktberichten ist einhellig zu lesen, dass die Interoperabilität das wichtigste Thema für den Erfolg von Smart Home-Lösungen darstellt.

Definition: Interoperabilität

In der Studienreihe zur Heimvernetzung Band 3 des BITKOM e.V. wird dieses Thema ausführlich behandelt:

Interoperabilität bezeichnet demgegenüber die Fähigkeit von zwei oder mehr Systemen, zur Erfüllung einer Aufgabe mittels Kommunikation über ihre Schnittstelle zusammenzuarbeiten. Das Konzept der Interoperabilität kann dabei in mehrere Ebenen gegliedert werden etwa nach ETSI ETR 130:1994:

  • Protokoll-Interoperabilität (protocol interoperability)
  • Dienst-Interoperabilität (service interoperability)
  • Anwendungs-Interoperabilität (application interoperability)
  • Interoperabilität aus Anwendersicht (user perceived interoperability)

Eine Grundlegende Anforderung an das vernetzte Smart Home ist die Interoperabilität der beteiligten Systeme. Dies setzt voraus, dass die vernetzten Komponenten, Geräte oder Systeme untereinander Daten fehlerfrei austauschen können. Umgesetzt werden soll dies über eine einheitliche technologienneutrale, standardisierte Sprache, die somit eine Interoperabilität zwischen den Teilnehmer herstellt.

Konformität

Die Konformität wird als Übereinstimmung eines Systems mit den in einer Spezifikation formulierten Anforderungen bezeichnet. Die Konformität der Schnittstellen eines Systems mit den entsprechenden Schnittstellenspezifikationen gilt als Vorbedingung dafür, dass sich zwei oder mehrere Systeme über diese Schnittstelle miteinander verbinden lassen und dann in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren.

Aus diesem Grund bietet die DKE allen interessierten Kreisen und ihren jeweiligen fachlichen Vertretern eine unabhängige Plattform zur Erarbeitung einer gemeinsamen und zukunftsgerichteten Normungsroadmap, sodass alle Stakeholder frühzeitig in die Planung und Erstellung entsprechender Normen eingebunden sind.

Die Normungsroadmap Smart Home & Living ist eine Sammlung von:

  • Bestandaufnahme
  • zukünftige Normen
  • Handlungsfelder für Politik und Verbände

Creativ Dialog: Schaffung von gegenseitigem Verständnis

Zum Auftakt der neuen Normungsroadmap Smart Home & Living fand am 5. Februar 2020 in Frankfurt am Main der erste Workshop statt.

Mehr als 60 Expertinnen und Experten erarbeiteten an diesem Tag die wesentlichen Inhalte für die Normungsroadmap. Die Expertengruppe verfasste eine Ideen-Sammlung, die sowohl den Stand der Technik als auch konkrete Empfehlungen und einen Zeitrahmen zur Erarbeitung offener Punkte zusammenführt.

Handlungsempfehlungen und Normungsbedarf werden für die unterschiedlichen Perspektiven, vom reinen Produkt bis hin zur Systemumgebung, dargestellt. Dabei werden die Domänen Smart-Home-Infrastruktur, Energiemanagement, Gesundheit, Wohnkomfort, Wohnungssicherheit und Informationssicherheit, aber beispielsweise auch Usability, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit, in die Normungsroadmap einfließen.

An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal ausdrücklich bei allen Experten für ihr Engagement bedanken.

Impressionen vom Creativ Dialog

Handlungsbedarf für Politik und Verbände

Beim Creativ Dialog haben Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen eine Vielzahl von Herausforderungen, Ideen und Lösungsmöglichkeiten im Sinne der Standardisierungs- und Konsolidierungsbestrebungen für die Weiterentwicklung von Smart Home & Living hin zum Volumenmarkt erarbeitet.

Die Sicherstellung von Interoperabilität über Gewerke- und Technologie-Grenzen hinweg ist eine große Herausforderung bei Smart Home & Living, der sich zahlreiche Unternehmen in Kooperationen und Initiativen organisiert oder als große Einzelunternehmen mit unterschiedlichen Strategien stellen.

Die Vorgehensweisen lassen sich in drei wesentliche Kategorien unterteilen:

  • Einzelunternehmen mit großer eigener Marktpräsenz
  • Kooperationen von Unternehmen, die auf Protokoll-Ebene zusammenarbeiten
  • Kooperationen von Unternehmen, die auf Datenmodell-/Middleware-Ebene zusammenarbeiten

Darüber hinaus sind weitere Herausforderungen, Lösungsmöglichkeiten, Ausbildungsbedarfe sowie politische Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Diese sind in der folgenden Aufzählung genannt und werden nun in zukünftigen Workshops von der Expertengruppe den einzelnen Domänen zugeordnet und priorisiert. Daraus ergeben sich dann konkrete Arbeitsaufträge an Politik und Verbände.

Herausforderungen

  • Mangelnde Zuverlässigkeit im Betrieb
  • Mangelndes Vertrauen in den Datenschutz
  • Mangelndes Vertrauen in die Nutzung der Daten
  • Mangelndes Wissen zu Kosten-Nutzungsverhältnis
  • Berührungsängste (Know-how wie Geräte funktionieren und in Betrieb genommen werden)
  • Hohe Komplexität
  • Fehlende Langlebigkeit und Investitionsrisiko
  • Unsichere Geräte bezüglich der Datensicherheit
  • Proprietäre Lösungen versus Interoperabilität
  • Ständiger Wechsel der Interoperabilität

Lösungen

Internationale Standards schaffen zu:

  • Definition von Smart Home & Living
  • Security und Auswirkung auf Safety (Funktionale Sicherheit)
  • Interoperabilität
  • Plug and Play
  • Zukunftssichere Geräte
  • Sichere Datenübertragung (Signatur)
  • Datenspeicherung
  • Dienstleitungsnorm zur Klärung von Verantwortlichkeiten und Systemgrenzen

Ausbildungsprofile

  • Planer/Handwerker/Betreuungspersonal
  • Neutrale Aufklärung und Konzeption soll durch Verbände erfolgen
  • Einkaufshilfe bzw. skalierbare Entscheidungshilfe für Endkunde einschließlich Wohnungsbaugesellschaften und -Wohnungsbetreiber
  • Referenzwohnungen/-Häuser schaffen

Politische Rahmenbedingungen

  • Gesetze für oben genannte Punkte notwendig
  • Klärung der Gesetze auf nationaler oder europäischer Ebene
  • Wirksame Marktüberwachung auch zum Umgang mit Daten
  • Finanzielle Förderung für Anschaffung/Betrieb für Geräte/Systeme zur Unterstützung von Umweltschutz, Gesundheit und Einbruchsschutz
  • Entbürokratisierung
  • Konformitätsnachweise

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