Normungslandkarte zur Ressourceneffizienz
Um ein ressourcenschonendes und zirkuläres Wirtschaftssystem europaweit auszurollen, ressourcenschonenden Konsum zu ermöglichen und die globalen Zuliefer- und Wertschöpfungsketten zu prägen, sind Normen und Standards ein wesentlicher Wegbereiter. Als Maßnahme zur Unterstützung des Deutschen Ressourceneffizienz-Programms (ProgRess III) haben DIN, DKE und VDI daher im April 2021 die „Normungslandkarte zur Ressourceneffizienz“ veröffentlicht.
Welche politischen Handlungsempfehlungen gibt das Papier? Wie sieht die Praxis der Fachleute in der Normung für mehr Ressourceneffizienz aus? Und was für Normungs- und Standardisierungsbedarfe ergeben sich daraus für eine Circular Economy? Diese und weitere Fragen diskutierten die Experten der Normung im Rahmen der gemeinsamen virtuellen Veranstaltung „Ressourceneffizienz durch Circular Economy“ am 07.06.2021 unter Moderation von Johannes Koch, Leiter Nat. Normungspolitik und Kooperationen, DKE, der zur Einführung die Normungslandkarte vorstellte.
Ressourceneffizienz
Die Rolle der Ressourceneffizienz in Politik und Praxis der Normung beleuchtete Dr. jur. Helge Wendenburg, der als Ministerialdirektor a.D. im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) im Jahr 2012 das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm mit ins Leben gerufen hatte. Heute ist er als Vorsitzender des DIN/DKE Fachbeirates Circular Economy aktiv. Die Transformation hin zu einer Circular Economy sei für die Entwicklung des Klimawandels und die Einhaltung der politischen Ziele entscheidend. Sowohl in Europa mit dem „Green Deal“ als auch auf nationaler Ebene durch eine Reihe von Gesetzen der Bundesregierung habe die Politik diesen Weg erkannt und mit ProgRess III den Weg in eine nachhaltige Produktpolitik vorgezeichnet. „Produkte müssen länger halten und reparierbar sein und nach Ende ihrer Lebenszeit in einem anderen Feld einen neuen Nutzen bekommen“, so Dr. Wendenburg. So könnten Autobatterien, die nicht mehr zum Schnellladen geeignet seien, z. B. in Häusern für Speicherung von Strom genutzt werden. Hier käme der Normung eine besondere Rolle zu. Ihre Aufgabe sei es, was politisch mit dem Green Deal auf den Weg gebracht wurde und in Deutschland seit 2012 mit ProgRess gelebt wird, für alle anwendbar zu machen.
Recycling
Christian Dworak von der BSH Hausgeräte GmbH informierte die Teilnehmer über das Design für Reparierbarkeit bzw. Recyclingfähigkeit von Haushaltsgeräten. Für ihn sei die Circular Economy ganz oben auf der Agenda verankert und gleichbedeutend mit dem Ende des linearen Wirtschaftens. Erste Priorität hätten die Abfallvermeidung sowie Reparatur und Service. „Rohstoffe müssen so lang wie möglich in den Produkten verbleiben, dies ist aus Umweltsicht die sinnvollste Alternative“, betonte Dworak. Die Produktion werde dabei nicht von heute auf morgen auf vollständig recycelbar umgestellt, denn dies sei ein längerer Prozess. Ersatzteile werden bei BSH auch noch 10 Jahre nach Produktionsende eines Produkts vorgehalten, je nach Verbrauch und Nachfrage. Ein gutes Servicenetzwerk und Kundendienstsupport seien dabei entscheidend für eine möglichst lange Lebensdauer. Darüber hinaus unterstützten neue Sharing- und Leasing-Angebote von Haushaltsgeräten die Ressourceneffizienz.
Nachhaltig bauen
Ressourcenschonende Bauprodukte für nachhaltiges Bauen stellte Dr. Anna Braune, Abteilungsleiterin F&E, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB e.V., vor. Das Errichten und Nutzen von Gebäuden habe großen Einfluss auf Klimaschutz, Biodiversität, Luftverschmutzung und die Wertschöpfung. Ziel sei es, hierbei hundert Prozent zirkulär zu werden, alle aktuell möglichen Klimaschutzpotenziale auszuschöpfen sowie ethische und ökologische Aspekte in globalen Lieferketten zu beachten. Viele Architekten und Bauträger hätten dies inzwischen verstanden und handelten verantwortlich. Wirksame Ansatzpunkte für eine Circular Economy im Baubereich seien, den Bestand zu erhalten, den Gebäudebestand als Rohstoffquelle zu verstehen, Kreisläufe im Rückbau zu schließen, Wiederzuverwenden und Recyclingmaterialien einzusetzen sowie die Kreislauffähigkeit umzusetzen. „Normung unterstützt unsere Ziele und hilft, schnell auf EU Initiativen Antworten zu geben“, so Braune. Bedarf sieht sie hier vor allem nach standardisierten Gebäude- und Produktpässen sowie sinnvollen Indikatoren für die Zirkularität von Gebäuden und Produkten.
Fazit
Das Fazit des Abends zog Dr. Bärbel Wernicke, Abteilungsleiterin Leben & Umwelt, DIN e.V. Die vorgetragenen Best Practices und Use Cases hätten die Normungslandkarte zur Ressourceneffizienz mit Leben gefüllt und eindrucksvoll aufgezeigt, wie die Normung den Übergang zu einer Circular Economy schon jetzt und in Zukunft unterstützen kann. ProgRess III habe die Normung prominent als Umsetzungsinstrument benannt. „Wir müssen heute tätig werden“, verwies Wernicke auf die Dringlichkeit, Ressourceneffizienz zu leben. „Die Normung muss dazu als strategisches Instrument weiter und intensiver genutzt werden“. Normungsinhalte müssten so formuliert werden, dass eine Reparierbarkeit und Rezyklateinsatz explizit eingefordert werden. „Wir müssen intensiv gemeinsam daran arbeiten, denn DIN, DKE und VDI können dies in den Regelwerken nicht allein umsetzen“, so Wernicke. Alle Interessenten seien herzlich eingeladen, sich in den Normungsgremien zu engagieren.