Internet of Things Konzept: Steuerung der Küchengeräte
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12.08.2024 Fachinformation

Die Intelligenz von Geräten

Seit 2022 ist Irma Rustemi Vorsitzende des Technischen Komitees IEC/TC 61, das Standards zur Sicherheit von elektrischen Geräten für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke erarbeitet. Sie hat mit e-tech über die Herausforderungen für IEC/TC 61 angesichts zunehmend intelligenter werdender Haushaltsgeräte und immer neuer technischer Innovationen gesprochen.

Ein Beitrag von Catherine Bischofberger für IEC e-Tech.

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Iryna Schäfer
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Das erwartet Sie in diesem Artikel:

  • Aktueller Fokus auf technologische Entwicklungen
  • Zusammenarbeit mit anderen technischen Komitees
  • Größte Herausforderungen mit Blick auf die Zukunft
  • Geschlechterspezifische Aspekte in der Normung

Interview mit Irma Rustemi

e-Tech: Was sind angesichts der Zunahme an Verbrauchergeräten die technologischen Entwicklungen, auf die IEC/TC 61 ein besonderes Augenmerk richten muss?

Rustemi: Geräte werden intelligenter und vernetzter. Sie sind inzwischen Teil des vernetzten Zuhauses und es wird erwartet, dass sie viel mehr leisten als ihre eigentlichen Funktionen wie Kochen, Waschen, Kühlen oder Reinigen. Dank intelligenter Technik verfügen Geräte heute über eine eigene Intelligenz, die es ihnen beispielsweise ermöglicht, ihren Energieverbrauch zu regulieren, Wasser zu sparen und, dank intelligenter Sensoren, Daten zu nutzen, um das Gewicht und die Art der Wäsche zu ermitteln, zu erkennen, welche Lebensmittel gekocht werden, oder sogar um sich an die Anforderungen des Stromnetzes anzupassen, indem sie Energie außerhalb der Hauptlastzeiten nutzen. Dies wiederum ermöglicht ihnen, sich einer anderen Entwicklung anzupassen, der wachsenden Forderung nach Nachhaltigkeit und Energieeffizienz.

Die Kreislaufwirtschaft ist eine wichtige Voraussetzung. Geräte müssen so ausgelegt sein, dass sie länger halten und repariert werden können. Eine weitere wichtige Entwicklung ist, dass alles immer vernetzter wird, Geräte sind Teil eines größeren automatisierten Systems, und das muss sich in unseren Normen widerspiegeln. Das Komitee beginnt auch, neben den Standards für Haushaltsgeräte mehr Standards für kommerzielle Anwendungen zu entwickeln.

e-Tech: Wie adressiert IEC/TC 61 diese Entwicklungen?

Rustemi: Seit meinem Amtsantritt als Vorsitzende versuche ich, neue Partnerschaften mit anderen technischen Komitees aufzubauen, die sich mit Aspekten von intelligenten Technologien beschäftigen, die Einfluss auf unsere Normungsarbeit haben. Wir überprüfen jedes Jahr, ob es innerhalb der IEC, bei ISO und anderen externen Organisationen Gremien gibt, die an Dingen arbeiten, die für die Arbeit von IEC/TC 61 relevant sind, und entscheiden dann, ob eine Kooperation, entweder formell oder informell, notwendig ist.

Wir haben beispielsweise eine Kooperation mit IEC/TC 23 im Bereich elektrische Systemtechnik für Heim und Gebäude (ESHG) und Gebäudeautomation (GA), wo Geräte Teil des Ökosystems sind. Eine weitere wichtige Kooperation haben wir mit IEC/TC 65 zur Beobachtung der Entwicklung neuer Anforderungen im Bereich Cybersecurity für industrielle Automatisierungs- und Steuerungssysteme. Wir möchten sicherstellen, dass wir eine gemeinsame Terminologie verwenden und denselben Ansatz zur Risikobeurteilung verfolgen. Vor kurzem haben wir eine Kooperation mit IEC/TC 62 begonnen, das Normen für Medizinprodukte erstellt. Wir haben, bevor wir mit der Erarbeitung eines Standards für Muttermilchpumpen begonnen haben, die Fachleute des Komitees hinzugezogen. Auf meiner To-do-Liste ist das Eingehen von Kooperationen mit gemeinsamen technischen Subkomitees von ISO/IEC, zum Beispiel SC 41, das Standards für das Internet der Dinge (IoT) und digitale Zwillinge erarbeitet, und SC 42, das Standards zu künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt.

Das ist ein Weg, um die Herausforderungen in Bezug auf Ressourcen und Fachwissen zu meistern. Zudem wird unser technisches Komitee durch eine jüngere Generation von Ingenieur*innen und Techniker*innen bereichert, die noch mehr Fachwissen zu Prüfungen und Konformitätsbewertung sowie Software-Entwicklung einbringen. Ich kann bestätigen, dass IEC/TC 61 sich zu einem ziemlich interessanten Forum entwickelt hat, in dem Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen zusammenkommen und neue Ideen entwickeln.


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e-Tech: An welchen wichtigen Standards arbeiten Sie gerade?

Rustemi: Da gibt es so viele! Wir arbeiten gerade an 70 Projekten. Zum Beispiel erstellen wir gerade eine technische Spezifikation zu Reparierbarkeit, die voraussichtlich nach dem Sommer 2024 veröffentlicht wird. Es ist ein wichtiges Dokument, da es sich mit der Reparatur, Wiederaufarbeitung und Wiederaufbereitung von Geräten und der anschließenden Sicherheitsprüfung auseinandersetzt. Das sind wichtige Aspekte der Kreislaufwirtschaft. Und wir erarbeiten, wie ja eben schon erwähnt, einen Standard für Muttermilchpumpen.

Robotertechnologien kommen immer stärker zum Einsatz und betreffen unterschiedliche Branchen und Produkte. Wir erarbeiten einen Standard zu vorhersehbaren Gefahren und Sicherheitsrisiken, die durch die Anwendung von Robotertechnologie in Geräten für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke entstehen können. Der Standard wird voraussichtlich 2025 fertig sein.

e-Tech: Was sind die größten Herausforderungen für IEC/TC 61 mit Blick auf die Zukunft?

Rustemi: Mit der Geschwindigkeit der Innovationen im Bereich intelligenter Technologien Schritt zu halten. Jedes Jahr, bei jeder neuen CES (en: Consumer Electronics Show), sehen wir neue Geräte und wissen, dass wir irgendwann in Zukunft entsprechende Normen dafür entwickeln müssen. Immer mehr elektrische Geräte fallen in unseren Anwendungsbereich. Unsere Aufgabe ist es, zeitnah internationale Standards für die Sicherheit von Geräten für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke zu entwickeln und zu pflegen. Dabei müssen wir effizient vorgehen und mit der modernen Technologie Schritt halten.

Die entwickelten Standards müssen den Bedürfnissen der Zertifizierungsstellen, der Nutzer*innen, Hersteller und nationalen Behörden, die für die Sicherheit zuständig sind, gerecht werden. Die Anforderungen sollen den internationalen Handel in Bezug auf elektrische Geräte erleichtern und die Notwendigkeit nationaler Unterschiede minimieren. Wir halten zudem ständig Ausschau nach jungen Expert*innen aus der KI-Welt, da KI in unserem Bereich immer wichtiger wird.

e-Tech: Was sind Ihre wichtigsten Prioritäten für IEC/TC 61 seit Ihrem Amtsantritt?

Rustemi: Eine meiner Prioritäten ist, dass IEC/TC 61 Konzepte unterstützt und voranbringt, die Geschlechtergerechtigkeit fördern. Dazu gehört die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte bei Normungsvorschlägen. Ich habe das zu einer Priorität für die verschiedenen Gruppen, die Teil von IEC/TC 61 sind, gemacht. Wir haben die IEC-Umfrage zu geschlechtergerechten Standards beantwortet, die Checkliste abgearbeitet und nutzen die Leitlinien der gemeinsamen strategischen Beratungsgruppe von ISO/IEC zu geschlechtergerechten Standards.

Außerdem möchte ich unsere Arbeitsweise verbessern und effizienter gestalten. Wir haben einen großen Bestand an Standards und unsere Arbeit muss sehr genau sein, da wir es mit Geräten zu tun haben, die von Milliarden Menschen weltweit genutzt werden. Wir können uns keine Fehler erlauben. IEC/TC 61 wurde 1967 gegründet, zu jener Zeit gab es deutlich weniger Geräte, um die sich das Komitee kümmern musste. Die Dinge haben sich seither extrem verändert und wir müssen uns neu ausrichten, um diesen neuen Herausforderungen zu begegnen.


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Warum es geschlechtergerechte Normen braucht

IEC und ISO arbeiten daran, ihre Normen geschlechtergerechter zu machen.

Sonya Bird ist Director of International Standards bei UL Standards & Engagement in den USA und Gründungsmitglied der Joint Strategic Advisory Group für gendergerechte Normen (JSAG-GRS).

Sie spricht mit IEC e-Tech über die Rolle geschlechtsspezifischer Faktoren bei der Normung und den Herausforderungen, auf die sie bei ihren Bemühungen, diese Botschaft den Expert*innen zu vermitteln, gestoßen ist.

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e-Tech: Wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit IEC/TC 59 aus, das Performance-Standards für Haushaltsgeräte entwickelt?

Rustemi: Es wird darauf geachtet, dass sich die Anforderungen in den Standards nicht überschneiden oder widersprechen, da beide Gremien Standards für Hausgeräte erarbeiten. Wir haben eine Verbindung und erstellen ein Verzeichnis der von uns genormten Produkte. Jedes Mal, wenn wir einen neuen Standard entwickeln, informieren wir sie und umgekehrt. Ich kenne IEC/TC 59 gut, da ich dort als Expertin gearbeitet habe, bevor ich zu IEC/TC 61 kam.

e-Tech: Als eine der wenigen weiblichen Vorsitzenden eines technischen Komitees: Welchen Rat geben Sie anderen Frauen in technischen Komitees der IEC?

Rustemi: Ich bin stolz, sagen zu können, dass unser technisches Komitee von drei Frauen geleitet wird: Vorsitzende, Secretary und Assistant Secretary. Es ist wichtig, zu zeigen, dass es möglich ist! Ohne die Unterstützung meines Sekretariats, das eine herausragende Arbeit leistet, hätte ich nicht das Selbstvertrauen, das ich heute habe.

Mein bester Rat an andere Frauen bei der IEC wäre, an sich selbst zu glauben und sich nicht entmutigen zu lassen, auch wenn sie mal scheitern. Aus Misserfolgen lernt man. Und ganz wichtig: Leidenschaft, lieben, was man tut, und versuchen, das Beste zu geben. Der Rest ergibt sich.


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