Thomas Timke im Gespräch zur Batterieverordnung – Teil 2
DKE: Wenn man mit beteiligten Akteuren spricht, vor allem aus der Industrie, kommt das Gefühl auf, alle sind in Aufruhr. Was ist das Besondere an der Batterieverordnung?
Timke: Es gibt viele Besonderheiten.
Zum einen ist die Batterieverordnung im Gegensatz zu anderen Verordnungen oder Richtlinien, die für die CE-Kennzeichnung relevant sind, sehr komplex, weil sie sehr viele Themen umfasst: Nachhaltigkeit inkl. Recycling, Sicherheit, Mindestanforderungen, Reparatur, Second Life etc. Natürlich kann man das unter Nachhaltigkeit zusammenfassen, aber normativ betrachtet sind dies separate Themen mit Überschneidungen, zum Beispiel bei Umnutzung und Sicherheit.
Zum anderen, und hier müssen wir auch Kritik äußern, haben die Autoren der Batterieverordnung – im übertragenen Sinne – nicht immer nach links oder rechts geschaut. Der gesetzliche Rahmen wurde zwar berücksichtigt, aber im Kern war es das auch schon. In der Regel wird bei neuen Richtlinien oder Verordnungen geschaut, welche anderen bereits existieren, zu denen dann die neue Verordnung in Beziehung gesetzt wird.
Ein Beispiel: Die Niederspannungsrichtlinie regelt die elektrische Sicherheit. Die Maschinenrichtlinie folgte später. Darin ist festgelegt, dass die elektrische Sicherheit in der Niederspannungsrichtlinie geregelt ist. Punkt. Alternativ, wenn genug eigene Anforderungen vorliegen, können auch eigene Vorgaben gemacht werden – so zum Beispiel bei den Richtlinien für Spielzeug und Medizingeräte.
Die Batterieverordnung macht weder das eine noch das andere. Wir hatten sogar Probleme, elektrische Sicherheit als Schutzziel auf die Liste der Mindestanforderungen zu bekommen – und das ist bis heute nicht auf der Liste, was in keiner Weise nachvollziehbar ist. Wir haben das später im Arbeitsplan noch untergebracht, weil elektrische Sicherheit bei Batterien einfach wichtig ist.
Es wird in dem Zusammenhang auch nicht das Gefahrgutrecht durchgehend berücksichtigt. Geht es nach der Batterieverordnung, können Batterien aus gebrauchten Lithium-Ionen-Zellen neu zusammengebaut werden – aber es gibt noch kein Prüfverfahren dafür, die Transportsicherheit nachzuweisen, weil diese Batterien nicht die Vorgaben für die Prüfmuster erfüllen können. Das heißt, wir sollen Normen für Batterien schreiben, die anschließend gar nicht zu vernünftigen Bedingungen transportiert werden können. Aus unserer Sicht ist das schon sehr schräg – auch, weil eine Rückfrage beim zuständigen Ministerium ergab, dass nicht einmal eine Änderungsanfrage der EU bei der UN vorlag, um eine Lösung zu finden. Möglicherweise folgt eine Anpassung der UN38.3-Transporttests und/oder der ADR, aber Stand heute besteht dieses Problem – und auf CENELEC-Ebene allein können wir es nicht lösen.
Eine weitere Besonderheit der Batterieverordnung liegt in der unterschiedlichen Detailtiefe, was für Richtlinien und Verordnungen ebenfalls ungewöhnlich ist. Teilweise sind die Details aus fachlicher Sicht auch nicht qualifiziert genug ausgearbeitet, sodass wir im Gremium darüber diskutieren mussten, ob und wie diese Aspekte überhaupt umsetzbar sind.
Es war nicht damit zu rechnen, dass die kritischen Punkte im Trialog-Verfahren noch einmal herausgenommen werden. Wir hatten außerdem den Eindruck, dass tatsächlich kaum oder sogar gar nicht mit Expertinnen und Experten aller betroffenen Bereiche gesprochen wurde. Bei uns kam es so an, als wollte die EU unbedingt die Deadline einhalten – vielleicht in der Hoffnung, dass sie die Probleme später irgendwie erledigen. Vielleicht passiert das tatsächlich, wenn zusätzlich zur Kommentierung auch bei der Arbeit in den Normungsgremien deutlich wird, dass nicht alles umsetzbar ist.
Ich möchte aber nochmal betonen, dass trotz der erwähnten inhaltlichen Herausforderungen keine Haltung gegen die Batterieverordnung in den Gremien besteht. Für die Nachhaltigkeit von Batterien sind verbindliche Regeln wichtig, für die wiederum Normen zur Umsetzung benötigt werden. Mit etwas gutem Willen von beiden Seiten, EU und Normung, wird es Lösungen geben.