Konzept der grünen Technologie. grüne Welt Symbol auf Leiterplatte
Pcess609 / stock.adobe.com
28.10.2024 Fachinformation

IECQ: Konformitätsbewertung entlang der gesamten Lieferkette

Die Komplexität der Technologien und die Diversifizierung in der Herstellung von Elektronik und Elektrotechnik haben in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Zahlreiche Zulieferer von Bauelementen, Baugruppen oder Materialien sind Teil der Lieferkette, bis ein Endprodukt sich auf den Weg zum Kunden macht. Umso wichtiger wird die Einhaltung von Standards entlang der Lieferkette für Hersteller und Handel, um global erfolgreich zu sein.

IECQ als Konformitätsbewertungssystem zertifiziert die Qualität von Prozessen in Beschaffung und Fertigung nach internationalen IEC-Standards – auch und gerade mit Blick auf die Einhaltung von Grundsätzen der Circular Economy.

Kontakt
Raymond Puppan

Das erwartet Sie in diesem Artikel:

  • Zahlen und Fakten
  • Qualität entlang der Lieferkette als Kern
  • Circular Economy als Beispiel für die IECQ-Arbeit
  • Zukünftig im Blickfeld: Nachhaltigkeitsziele der UN unterstützen

Zahlen & Fakten

IECQ steht für das IEC Quality Assessment System.

Es bietet Prüfungen und Zertifizierungen an, die sich mit drei Kernthemen befassen. Seit einigen Jahren steht besonders die Circular Economy im Fokus, wozu die Schwerpunkte Ökodesign (IEC 62430), der Umgang mit schädlichen Substanzen (IECQ QC 080000) und die Überprüfung von Carbon-Footprint-Berechnungen (ISO 14067) zählen.

Zwei weitere Kernthemen von IECQ sind das Lieferkettenmanagement, wobei die Qualitätssicherung entlang der kompletten Prozesskette mit Zulieferern von Bauelementen, Baugruppen oder Materialien in den Fokus genommen wird, sowie die Herstellung von elektrotechnischen Komponenten.

Grundlage für die IECQ-Zertifizierungen sind dabei Anforderungen des IEC-Schlüsselsystems und der einschlägigen internationalen technischen Normen und Spezifikationen. Ausgestellt werden die Zertifikate von Zertifizierungsstellen (en: Certification Body, CB), die vom IECQ zugelassen und in mehr als 40 Ländern weltweit aktiv sind.

IECQ ist eins der vier IEC-Konformitätsbewertungssysteme. Ursprünglich standen die Qualitätssicherung entlang der Lieferkette sowie die Herstellung elektrotechnischer Komponenten im Vordergrund, das Thema Circular Economy gewinnt aber in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung und wird von IECQ ebenfalls abgedeckt.

IECEE umfasst elektrische und elektrotechnische Produkte, IECEx behandelt Produkte, die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden. Bei IECRE liegt der Fokus auf Anlagen für erneuerbare Energien. Alle vier Konformitätsbewertungssysteme haben über ihre aktiven Mitgliedsnationen hinaus international einen hohen Stellenwert, da die nach ihnen geprüften und zertifizierten Produkte und Dienstleistungen weltweite Anerkennung finden.

Der Kern: Qualität entlang der Lieferkette sicherstellen

Schon seit Jahren ist die Qualitätssicherung entlang der Lieferkette für Hersteller von elektrotechnischen Produkten eine Herausforderung: Die Zahl an Zulieferern von Komponenten, Baugruppen oder Materialien steigt, Produkte werden immer komplexer, womit ein nicht zu unterschätzender Aufwand verbunden ist.

IECQ zielt darauf ab, ein Qualitätsmanagementsystem aufzusetzen, das für ein Unternehmen einmalig zertifiziert wird und somit auf die komplette Lieferkette Anwendung finden kann. Dabei werden alle Prozesse – vom Design bis zur Fertigung – in den Blick genommen. So lassen sich Zulieferer nach einem einheitlichen, konsistenten Verfahren prüfen, bewerten und überwachen. Die Folge: weniger Aufwand sowie ein hohes Vertrauen in die Lieferkette. Beide Aspekte sind entscheidend den Markterfolg. Um allen Bedürfnissen gerecht zu werden, adressiert IECQ auch die speziellen Anforderungen verschiedener Branchen wie beispielsweise Aerospace- oder Nuklear-Industrie.

Einen weiteren Schwerpunkt legt IECQ auf Services für Fertigungsdienstleister, also Hersteller von elektrotechnischen Komponenten. Dazu zählen unter anderem das Automotive Qualification Program für Zulieferer in der Automobilindustrie oder die Bereitstellung unabhängiger Labortests (en: Independent Testing Laboratory Approval, ITL).

Die Ausstellung der Zertifikate erfolgt über die zugelassen IECQ-Zertifizierungsstellen, welche sowohl Inhouse als auch in Testlaboren die erforderlichen Kontrollen durchführen. Um sicherzustellen, dass die Prozesse den Anforderungen auch nach der Zertifizierung entsprechen, werden sie kontinuierlich überwacht.


Containerfrachtschiff im Ozean
enanuchit / stock.adobe.com

Konformitätsbewertung: Freier Warenfluss weltweit

Der Begriff „Konformitätsbewertung“ (engl. „Conformity Assessment“) ist weitläufig bekannt, in vielen Fällen jedoch nicht greifbar. Im Wesentlichen sorgt Konformitätsbewertung für einen freien Warenfluss innerhalb eines oder auch zwischen verschiedenen Märkten der Welt. Zur Bewertung von Produkten, Verfahren und Dienstleistungen gelten sowohl nationale Gesetze als auch internationale Richtlinien und Verordnungen. Unser Fachbeitrag zur Konformitätsbewertung fasst die wichtigsten Aspekte zusammen und gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen.

Mehr erfahren

Worum geht es: Zum Beispiel Circular Economy

Besonders im Fokus steht bei IECQ seit einigen Jahren die Circular Economy, da zahlreiche neue Anforderungen zu erfüllen sind, die Hersteller entlang der Lieferketten zu beachten haben. Gleichzeitig gab und gibt es immer wieder Diskussionen über die Plausibilität von Herstellerangaben im Bereich Nachhaltigkeit, Stichwort „Greenwashing“. Um Transparenz zu schaffen und Hersteller zu unterstützen, hat IECQ für die Konformitätsbewertung drei Kernthemen im Fokus:

  • den Umgang mit gefährlichen Stoffen,
  • das umweltfreundliche Produktdesign sowie
  • eine transparente Berechnung des Carbon Footprint.

Schadstofffreie Produkte und Fertigungsprozesse

Im ersten Schritt wurde das IECQ Hazardous Substance Process Management Scheme (HSPM-System) eingeführt.

Als technisch basierter Managementsystemansatz hat das HSPM-System zum Ziel, den Weg zu schadstofffreien Produkten und Fertigungsprozessen zu erleichtern. Zulieferer können damit durch eine externe Bewertung nachweisen, dass ihre elektrischen und elektronischen Bauelemente bzw. Baugruppen lokale, nationale und internationale Anforderungen erfüllen und somit frei von gefährlichen Stoffen sind.

Inzwischen arbeiten viele Unternehmen daran, eine IECQ-HSPM-Zertifizierung zu erhalten (Grundlage: IECQ QC 080000, IEC Quality Assessment System for Electronic Components – Hazardous Substance Process Management System Requirements). Im Mai 2017 kam bereits die vierte Ausgabe heraus, die unter anderem ausführt, wie Unternehmen gefährliche Stoffe handhaben können. Dabei wird auch aufgezeigt, dass eingeschränkte Stoffe nicht immer völlig entfernt werden müssen bzw. ihre Verwendung in Produkten nicht immer komplett vermieden werden muss.

Umweltfreundliches Produktdesign

Seit 2019 bündeln IECQ und IEC/TC 111 auf Anfrage des IEC Conformity Assessment Board (CAB) ihre Kräfte im Bereich Ökodesign. Auf IECQ-Seite ist die Arbeitsgruppe WG 14, IECQ Green Approach, an der Kooperation beteiligt. Im Fokus stand die ebenfalls 2019 veröffentlichte, von IEC/TC 111 entwickelte Norm IEC 62430: Umweltbewusstes Gestalten (en: Environmentally Conscious Design, ECD). Sie richtet sich an Unternehmen, die umweltrelevante Aspekte in Gestaltung und Entwicklung berücksichtigen möchten. Konkret geht es darum, die negativen Auswirkungen eines Produkts auf die Umwelt zu minimieren und Nachhaltigkeit während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts – von der Rohstoffgewinnung bis zum Ende des Lebenszyklus – zu fördern. Wesentliche Faktoren sind dabei Energieeffizienz, Ressourcennutzung, Abfallvermeidung und Toxizität.

Nach knapp drei Jahren Zusammenarbeit zwischen IEC/TC 111 und WG 14 veröffentlichte IECQ einen eigenen Ökodesign-Service als Teil des Approved Process (AP) Schemes. Zum Hintergrund: Eine IECQ-AP-Zertifizierung lässt sich auf jeden Prozess anwenden, der die Konformität von elektronischen Komponenten, damit zusammenhängenden Baugruppen oder Dienstleistungen mit den entsprechenden Normen beeinflussen kann. Dazu zählen beispielsweise die Entwicklung elektronischer Komponenten, die Bestückung von Leiterplatten oder die Kontrolle elektrostatischer Entladungen (ESD).

Darüber hinaus arbeiten Hersteller mit Partnern und Zulieferern zusammen, die Bauelemente herstellen oder bearbeiten und benötigte Materialien anbieten. Wer über eine Zertifizierung nach IECQ AP verfügt, zeigt damit, dass seine Anlagen und Fertigungslinien den Anforderungen des IECQ-Systems und den damit verbundenen technischen Standards und Spezifikationen entsprechen.

Transparenz beim Carbon Footprint

Im Bereich Carbon Footprint gab es immer wieder Diskussionen um die Datenbasis für die angegebenen Werte, speziell bei Angaben über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. Der International IECQ Product Carbon Footprint Verification Service orientiert sich an der internationalen Norm ISO 14067. Sie legt die Grundsätze, Anforderungen und Leitlinien für die Quantifizierung und Angabe des CO2-Fußabdrucks von Produkten fest. Dabei sind Berechnungen von der Ressourcengewinnung und Rohmaterialbeschaffung bis zur Herstellung, Nutzung und Entsorgung eines Produkts zu berücksichtigen.

Im Rahmen der IECQ-Zertifizierung wird bewertet, ob die Prozesse, die eine Aussage über den CO2-Fußabdruck ermöglichen, ordnungsgemäß befolgt wurden und im Einklang mit der oben genannten Norm stehen. Ist dies der Fall, wird eine Zertifizierung erteilt – somit sind Angaben zum Carbon Footprint transparent nachvollziehbar und mit anderen Marktteilnehmern vergleichbar.


DKE Newsletter-Seitenbild
sdx15 / stock.adobe.com

Mit unserem DKE Newsletter sind Sie immer top informiert! Monatlich ...

  • fassen wir die wichtigsten Entwicklungen in der Normung kurz zusammen
  • berichten wir über aktuelle Arbeitsergebnisse, Publikationen und Entwürfe
  • informieren wir Sie bereits frühzeitig über zukünftige Veranstaltungen
Ich möchte den DKE Newsletter erhalten!

Blick in die Zukunft: Nachhaltigkeitsziele der UN unterstützen

Ob HSPM-System oder Ökodesign-Programm: Mit seinen Maßnahmen unterstützt IECQ einen nachhaltigen Weg in die Zukunft – was sich auch daran zeigt, dass einige der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (en: Sustainable Development Goals, SDG) unterstützt werden.

Dazu zählt unter anderem SDG 3, das darauf abzielt, die Zahl der Todesfälle und Krankheiten, die auf gefährliche Chemikalien und Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung und -belastung zurückzuführen sind, wesentlich zu reduzieren. Auch SDG 11, bei dem es darum geht, Kommunen inklusiver, sicherer, widerstandsfähiger und nachhaltiger zu gestalten, wird durch die IECQ-Arbeit begünstigt. Zentral sind die Beiträge zu SDG 12, das sich der Sicherstellung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster widmet. Unter anderem geht es dabei um folgende konkrete Ziele:

  • Bis 2020 einen umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus in Übereinstimmung mit den vereinbarten internationalen Rahmenregelungen erreichen und ihre Freisetzung in Luft, Wasser und Boden erheblich verringern, um ihre nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Mindestmaß zu beschränken (12.4)
  • Bis 2030 das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringern (12.5)
  • Unternehmen, insbesondere große und transnationale Unternehmen, dazu ermutigen, nachhaltige Verfahren einzuführen und in ihre Berichterstattung Informationen zur Nachhaltigkeit aufzunehmen (12.6)
  • Entwicklungsländer bei der Stärkung ihrer wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten im Hinblick auf den Übergang zu nachhaltigeren Konsum- und Produktionsmustern unterstützen (12A)

Fazit: Transparenz für Qualität und Nachhaltigkeit

Ob es um die Implementierung einer konsistenten Qualitätssicherung entlang der Lieferkette geht oder um die Verifizierung von Angaben zum Carbon Footprint: Mit seiner Arbeit trägt IECQ dazu bei, dass Hersteller ihr Engagement von externer Stelle überprüfen lassen und Handelspartner sowie Endkunden Aussagen zu Qualität und Nachhaltigkeit vertrauen können.


Relevante News und Hinweise zu Normen