- Was ist eine Konformitätsbewertung? Wann ist sie erforderlich?
- Welche Konformitätsbewertungsverfahren gibt es bei der IEC?
- Erst-, Zweit- und Drittstellenbewertung: Eine Frage des Vertrauens.
- Konformitätserklärung: Übereinstimmung festgelegter Anforderungen.
Konformitätsbewertung: Freier Warenfluss weltweit
Was ist eine Konformitätsbewertung?
Im Bewertungsverfahren prüft der Wirtschaftsakteur (u. a. Hersteller), ob die in rechtlichen, technischen Normen und Standards beschriebenen Anforderungen bei den zu prüfenden Produkten oder Verfahren teilweise oder vollständig erfüllt wurden.
Zur Festlegung der geltenden Anforderung ist es notwendig, den Ausgangspunkt der Konformitätsbewertung zu definieren:
- gesetzlich (europäische Perspektive)
- oder normativ (internationale Perspektive)
Vor dem gesetzlichen Hintergrund in der EU lautet die Definition der Konformitätsbewertung: „Sie ist ein Verfahren zur Bewertung, ob spezifische Anforderungen an ein Produkt, ein Verfahren, eine Dienstleistung, ein System, eine Person oder eine Dienstleistung erfüllt worden sind“ (Europäischer Beschluss 768/2008). Die Anforderungen werden durch den gesetzlichen Rahmen des Zielmarkts festgelegt.
Auf den Seiten der EU können Hersteller die geltenden Anforderungen des europäischen Zielmarkts pro Produktgruppe finden.
Vor dem internationalen normativen Hintergrund ist die Konformitätsbewertung definiert als „Demonstration that specified requirements […] relating to a product […], process, system, person or body are fullfilled.“ (DIN EN ISO/IEC 17000 Konformitätsbewertung Begriffe und Allgemeine Grundlagen). Normen und Standards regeln diese Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit und Performance von bspw. Produkten oder Verfahren.
Konformität in Technik bzw. Elektrotechnik besagt demnach, dass ein Produkt oder eine Maschine den gesetzlichen Anforderungen entsprechen muss, die zum Beispiel in der Maschinenverordnung (MD, ehemals Maschinenrichtlinie), in der Niederspannungsrichtlinie (LVD) und in der Richtlinie zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) festgelegt sind. Weitere gesetzlich festgelegte Anforderungen finden sich z. B. in der ATEX-Richtlinie für explosionsgefährdete Bereiche und in der Druckgeräte-Richtlinie (PED) für die Sicherheit von druckführenden bzw. druckbetriebenen Druckgeräte/Baugruppen.
Wann wird eine Konformitätsbewertung benötigt?
Eine Konformitätsbewertung wird benötigt, wenn diese von einer Partei, z. B. im B2B-Geschäft vom Vertragspartner, oder vom Gesetzgeber gefordert wird.
Konformitätsbewertungsverfahren im B2B-Geschäft
Zwei Unternehmen möchten einen Vertrag über die Lieferung eines Produkts schließen. Der Hersteller sitzt in Deutschland, das Produkt soll in den USA verkauft werden. Grundsätzlich gelten immer die gesetzlichen Anforderungen des Zielmarkts (USA).
Der kaufende Betrieb legt im Vertrag jedoch zusätzlich fest, dass das Produkt vor Lieferung in die USA einer Konformitätsbewertung unterzogen werden muss. Aufgrund der internationalen Zusammenarbeit legt der Kunde zudem konkret fest, dass die Produktprüfung nach dem IECEE-Konformitätsbewertungsverfahren zu erfolgen hat. IECEE steht für „IEC System of Conformity Assessment Schemes for Electrotechnical Equipment and Components“.
Der herstellende Betrieb ist für die Einleitung des Konformitätsprüfungsverfahrens zuständig. Am Ende dieses Prozesses steht das (Konformitäts-)Zertifikat, das die Einhaltung der Anforderungen bestätigt. Durch ein erfolgreiches IECEE-Konformitätsbewertungsverfahren schafft der in Deutschland ansässige Hersteller eine Vertrauensbasis für sein Produkt – und damit auch für sein Unternehmen. Der Kunde in den USA kann in diesem Fall von einem Produkt ausgehen, dass die Anforderungen internationaler Normen und Standards hinsichtlich der Sicherheit und Performance erfüllt.
Gesetzliche Anforderungen der Konformitätsbewertung
Anforderungen zur Konformitätsbewertung finden sich unter anderem in Europäischen Richtlinien und Verordnungen wieder, zum Beispiel der Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU oder EMV-Richtlinie 2014/30/EU. Beiden Europäischen Richtlinien ist gemein, dass ihre Anforderungen auf einem modularen Konformitätsbewertungsverfahren ausgelegt sind, basierend auf dem Europäischen Beschluss 768/2008.
Wirtschaftsakteure, wie beispielsweise Hersteller und Inverkehrbringer, müssen nur die Module der Konformitätsbewertung erfüllen, die auf die zu prüfenden Produkte bzw. Lieferantenerzeugnisse zutreffen. Das setzt allerdings voraus, dass zunächst ermittelt wird, welche Bausteine des modularen Konformitätsbewertungsverfahrens auf die Produkte bzw. Lieferantenerzeugnisse zutreffen. Diese finden sich in den jeweiligen EU-Richtlinien und Verordnungen zur CE-Kennzeichnung wieder, zugeschnitten auf den jeweiligen Anwendungsbereich.
Wie hängen Konformitätsbewertung, Qualitätsmanagement- & Qualitätssicherungssystem zusammen?
Qualitätsmanagementsysteme (QMS), Qualitätssicherungssysteme (QSS) und Konformitätsbewertungen helfen sicherzustellen, dass Produkte nicht nur die internen Qualitätsanforderungen des Unternehmens, sondern auch alle externen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen erfüllen. In Konformitätsbewertungsverfahren einiger Produkte ist ein QSS vorgeschrieben. Ein QMS ist nicht explizit gefordert, das Konformitätsbewertungsverfahren profitiert aber von einem betriebseigenen QMS.
Was unterscheidet Qualitätssicherheits- von Qualitätsmanagementsystem?
Das QS-System zielt auf die Überwachung und Kontrolle der Umsetzung ab (bspw. von Qualitätsvorgaben für Produkte).
Ein QM-System ist grundsätzlich auf die Prävention und Prozessoptimierung ausgelegt.
Welche Module der Konformitätsbewertung verlangt ein Qualitätssicherungssystem?
Aus dem Europäischen Beschluss 768/2008 sind exemplarisch die Module D, E und H zu nennen, die jeweils ein Qualitätssicherungssystem (QS-System) für Produktion, Produkt oder generell ein umfassendes QS-System fordern.
Die genannten Module legen fest, dass das Audit-Team mindestens ein Mitglied benötigt, das Kenntnisse und Erfahrungen über QS-Systeme besitzt. Dies impliziert, dass ein QM-System für die Erfüllung der Module vorteilhaft ist – eine explizite Verpflichtung besteht jedoch nicht. Ein QS-System hingegen wird in den genannten Modulen sehr wohl verpflichtend gefordert.
Detaillierte Beschreibungen finden sich im Europäischen Beschluss 768/2008 in ANHANG II.
Welche Konformitätsbewertungsverfahren gibt es?
Auf gesetzlicher Ebene existiert innerhalb des New Legislative Framework (NLF) in Europa die CE-Kennzeichnung, die ein erfolgreiches Konformitätsbewertungsverfahren angibt. Mit der CE-Kennzeichnung werden unterschiedliche Richtlinien und Verordnungen hinsichtlich verschiedener Aspekte, beispielsweise Sicherheit, Leistung, Funktionsstabilität etc., geregelt und fordern jeweils eine Konformitätsbewertung vom Adressaten ein. Meist wird dieser als Wirtschaftsakteur (Hersteller, Bevollmächtigter, Einführer, Händler) bezeichnet.
Auf internationaler Normungsebene existieren vier IEC-Konformitätsbewertungssysteme. Diese IEC-Konformitätsbewertungssysteme sind entscheidend, um die globale Akzeptanz und die Marktverfügbarkeit von Produkten und gleichzeitig die Einhaltung internationaler Normen und Standards zu gewährleisten.
Um den Warenfluss im EU-Binnenmarkt zu verbessern und die Bedingungen für das Inverkehrbringen einer breiten Palette von Produkten auf dem EU-Markt zu erleichtern, wurde 2008 der neue Rechtsrahmen verabschiedet. Es handelt sich um ein Maßnahmenpaket, das die Marktüberwachung verbessern und die Qualität der Konformitätsbewertungen steigern soll.
IECEE: Elektrotechnische Komponenten & Zubehör
IECEE (IEC System for Conformity Assessment Schemes for Electrotechnical Equipment and Components) dient zur Anerkennung von Prüfberichten und Zertifikaten für elektrische und elektronische Produkte. Ziel ist die Erleichterung des internationalen Handels durch die Reduzierung von Handelshemmnissen und die Anerkennung von Prüfungen und Zertifizierungen in verschiedenen Ländern. IECEE umfasst eine breite Palette von Produkten, einschließlich Haushaltsgeräten, IT-Geräten, medizinischen Geräten und mehr.
IECEx: Geräte & Ausstattung für explosionsgefährdete Bereiche
IECEx (IEC System for Certification to Standards Relating to Equipment for Use in Explosive Atmospheres) dient der Zertifizierung von Geräten, Dienstleistungen und Personal, die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden. Es umfasst Produktzertifizierungen (IECEx Equipment Certification), Zertifizierungen von Dienstleistungen wie Wartung und Reparatur (IECEx Service Facilities Certification) und die Zertifizierung von Personen (IECEx Certification of Personnel Competence) und wurde im Bereich Wasserstoff ausgebaut.
IECRE: Geräte im Einsatz für erneuerbare Energien
IECRE (IEC System for Certification to Standards Relating to Equipment for Use in Renewable Energy Applications) ist für die Konformitätsbewertung von Geräten und Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien wie Windenergie, Solarenergie und Marineenergie. Es stellt sicher, dass die Geräte und Anlagen den relevanten internationalen Normen entsprechen und eine hohe Sicherheit, Zuverlässigkeit und Leistung bieten.
IECQ: Qualitätsbewertung von Komponenten & Prozessen
IECQ (IEC Quality Assessment System) ist ein Qualitätsbewertungssystem für elektronische Komponenten und verwandte Materialien und Prozesse. Das System besteht hauptsächlich aus den drei Maßnahmenfeldern: Circular Economy Services, Supply Chain Services und Component Product Services. Es umfasst verschiedene Programme wie IECQ HSPM (Hazardous Substance Process Management) zur Einhaltung von Umweltvorschriften und IECQ ITL (Independent Testing Laboratory) zur Zertifizierung unabhängiger Prüflabore und wird als horizontales System weit über die Grenzen der Elektrotechnik hinaus Anwendung finden.
Arten der Konformitätsbewertung
Häufig wird die Konformitätsbewertung mit dem Prozess der Zertifizierung gleichgesetzt – dem ist aber nur in Teilen so! Bei den Anforderungen zur Konformitätsbewertung existieren verschiedene Arten, die sich auf die zu prüfende Stelle beziehen und hinsichtlich der Produktsicherheit unterschiedliche Kriterien definieren.
Erstbewertung durch herstellende & in Verkehr bringende Betriebe
Die Erststellenbewertung richtet sich an Hersteller bzw. Wirtschaftsakteure, die für das Inverkehrbringen eines neuen Produkts verantwortlich sind. Mit einer Konformitätserklärung bestätigt er selbst die Übereinstimmung des jeweiligen Produkts den für ihn geltenden Anforderungen. Das Sicherheitsniveau ist im Vergleich zur Zweit- und Drittstellenbewertungen geringer, da Kund*innen und Verbraucher*innen einzig auf die Aussage des Herstellers vertrauen müssen.
Der Vorteil liegt im Bereich des schnellen Marktzugangs und der Vermeidung von technischen Handelshemmnissen, wo möglich. Der Vorgang fordert einen gewissen Vertrauensvorschuss für die herstellenden Unternehmen.
Zweitbewertung unabhängig vom herstellenden Betrieb
Die Zweitstelle ist der jeweilige Kunde bzw. Betreiber im B2B. Die Konformitätsbewertung kann bspw. zwischen Kunde bzw. Betreiber und dem betroffenen Wirtschaftsakteur, der das Produkt in den Verkehr bringt, aufgeteilt werden. Alternativ kann die Konformitätsbewertung auch vollständig über die Zweitstelle laufen. In der Regel prüft die Zweitstelle die Konformität selbst auf Grundlage der Konformitäts- oder Herstellererklärung und den Ergebnissen der Prozesse sowie Dokumentation, sofern ein Austausch zuvor vertraglich vereinbart wurde. Das Sicherheitsniveau ist im Vergleich höher als bei der Erststelle, da die Konformitätsbewertung nicht ausschließlich bei z. B. dem Hersteller liegt.
Zertifizierung durch Drittbewertungsstelle
Die Drittstelle ist eine Zertifizierungsstelle, die unabhängig arbeitet und objektiv prüft.
Das Sicherheitsniveau ist im Vergleich zur Erst- und Zweitstellenbewertung demnach am höchsten. Entsprechend hoch ist damit auch die Bedeutung der Zertifizierung für Kunden und Verbraucher*innen. Dies verdeutlicht auch noch einmal die weltweite Bedeutung von Zertifizierungen auf Grundlage der vier internationalen Konformitätsbewertungssysteme der IEC.
Speziell geregelte Konformitätsverfahren innerhalb der EU
In Europa gilt speziell der gesetzlich abschließend geregelte Bereich, zum Beispiel für Produkte. Hier müssen der Anwendungsbereich sowie die zutreffenden EU-Richtlinien / -Verordnungen zur CE-Kennzeichnung ermittelt und umgesetzt werden. Gleiches gilt für die entsprechenden Normen und Standards.
In vielen Fällen handelt es sich hierbei um eine Erststellen-Konformitätsbewertung. Eine Drittstellen-Konformitätsprüfung erfolgt dann, wenn diese in der entsprechenden gesetzlichen Anforderung festgelegt ist. Auch im Fall einer gesetzlich geforderten Erststellenbewertung, aber auch im Rahmen einer Zweitstellenbewertung kann eine freiwillige Unterstützung bei einer benannten Stelle angefragt werden. Diese Form findet meist dann Anwendung, wenn Hersteller kleinerer Unternehmen die Anforderungen aus Kompetenz- oder Ressourcengründen nicht allein erfüllen können.
Neben dem gesetzlich abschließend geregelten Bereich gibt es noch den gesetzlich nicht abschließend geregelten Bereich. Hierfür ist unter anderem das Produktsicherheitsgesetz wichtig, das aktuell überarbeitet wird. Flankiert wird die Überarbeitung von der neuen Produktsicherheitsverordnung auf EU-Ebene (en: General Product Safety Regulation, GPSR), die am 14.12.2024 in Kraft tritt.
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Konformitätsbewertung vs. Konformitätserklärung: Was ist der Unterschied?
Im Gegensatz zur Konformitätsbewertung ist die Konformitätserklärung ein Ergebnisdokument zur Erklärung der Übereinstimmung, beispielsweise eines Produkts mit den dafür festgelegten Anforderungen.
Konformitätsbewertungsverfahren führen über Entwicklungen, Konstruktionen, Risikoanalysen und -bewertungen, Dokumentation, Prüfungen, Prüfprozessen und Audits dazu, dass Hersteller ihren Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen eine Konformitätserklärung ausstellen können.
Sie ist ein offizielles Dokument, das bestätigt, dass ein Produkt den relevanten gesetzlichen und ggf. normativen Anforderungen – basierend auf Normen und Standards – entspricht. Damit ist die Konformitätserklärung oft ein notwendiger Bestandteil des Marktzugangsprozesses für viele Produkte, insbesondere in regulierten Branchen wie der Elektrotechnik, Medizinprodukte, Maschinenbau und Spielzeug.
Beispiele für Konformitätserklärungen sind
- die CE-Kennzeichnung (Europäischen Union),
- die FCC Declaration of Conformity (USA) und
- Erklärungen für Produkte, die unter die RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) fallen.
Die Konformitätserklärung ist damit ein zentrales Element der Produktsicherheits- und Qualitätssicherungssysteme weltweit.
Fazit: Konformität für Sicherheit & Qualität
Die Konformitätsbewertung sichert als ein zentraler Prozess, dass Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen den festgelegten gesetzlichen und normativen Anforderungen entsprechen. Für unterschiedliche Wirtschaftsräume (EU, USA, China usw.) gelten möglicherweise abweichende gesetzliche Vorgaben über das Bereitstellen von Produkten.
Das Konformitätsbewertungsverfahren umfasst eine Vielzahl von entwicklungsbegleitenden Aktivitäten, parallel zu Prüf- und Dokumentationsprozessen. Die Bewertungsverfahren in der Elektrotechnik berücksichtigen neben gesetzlichen Vorgaben auch Normen, die von Expert*innen in den Normungsgremien der DKE erarbeitet werden.
Diese Konformitätsbewertungsverfahren gewährleisten die Sicherheit und Zuverlässigkeit elektrischer Geräte, elektrotechnischer Komponenten, Systeme und Produkte. Die Konformitätserklärung, als Ergebnis der Konformitätsbewertung, bestätigt offiziell die Erfüllung von Anforderungen und ermöglicht damit die Marktzulassung, insbesondere innerhalb der EU durch die CE-Kennzeichnung.