- Wie aus einer guten Idee ein richtig gutes Produkt wird.
- Wer ein Produkt auf den Markt bringt, übernimmt Verantwortung.
- Export in die Welt: „Eine Prüfung, eine Zertifizierung, weltweite Gültigkeit.“
Kein kalter Kaffee – von der Idee zum Produkt
Tom braucht diese Auszeit – dringend. Hier, ein bisschen auf der Suche nach sich selbst, möchte er die Zeit ganz bewusst nutzen. Auch um auszuloten, wie er sich beruflich verändern kann. Und jetzt? Erstreckt sich unter Tom das weite Tal. Seine Augen wandern die Berge hinab, hin zu den grünen Tannen – und zu dem glasklaren Bergsee, den sie umringen. Der Ausblick, den Tom gerade vor sich hat, ist atemberaubend.
Aber, das muss er sich eingestehen, irgendwas fehlt. Etwas, das diesen Moment perfekt machen würde. Und dass, obwohl Tom sich gut auf seinen Wanderurlaub vorbereitet hat: Funktionskleidung, Ausrüstung und Verpflegung. Und obendrauf hat er sich noch etwas Besonderes gegönnt: einen mobilen Espresso-Kocher für unterwegs. Denn als leidenschaftlicher Kaffeeliebhaber wollte Tom auch im Freien nicht auf sein Lieblingsgetränk verzichten. Er hatte sich sehr darauf gefreut in einem Augenblick wie diesem einen Schluck vom heißen Espresso zu nehmen. Und so die Natur vollständig auszukosten.
Doch daraus wird nichts: Zwar ist der mobile Espresso-Kocher das Resultat einer intensiven Recherche. Tom hat immerhin Eigenschaften wie Akkulaufzeit, Temperatur und die Kompatibilität für Wanderurlaube miteinander verglichen – und sich für das Gerät mit den besten Kundenrezensionen entschieden. Dass diese zu einem nicht unerheblichen Teil vom Hersteller selbst stammen, konnte Tom zum Kaufzeitpunkt aber nicht wissen. Jetzt, mitten in den Bergen, ist er leider schlauer.
Der Espresso-Kocher, den er bei einem Onlinehändler, der für seine unschlagbaren Preise bekannt ist, bestellt hat, ist eine Enttäuschung: Die Batterie versagt nach wenigen Minuten. Der Espresso ist entweder zu kalt oder viel zu heiß. Außerdem erreicht das Gehäuse eine so hohe Außentemperatur, dass Tom das Gerät beim ersten Mal direkt fallen gelassen hat. Zu allem Überfluss verliert der Behälter auch noch regelmäßig Flüssigkeit.
Tom blickt auf den ruhigen See und sagt zu sich selbst: „Wenigstens duftet mein Gepäck jetzt nach frischem Kaffee“. Er muss über sich selbst lachen, kehrt dem einmaligen Ambiente den Rücken zu und macht sich auf Weg zur Unterkunft. Abends, am Lagerfeuer, hat er sich schon etwas beruhigt. Das Gefühl, dass die Geschichte an dieser Stelle noch nicht vorbei ist, lässt ihn aber nicht los. Als er das Feuer löscht, fasst er einen Entschluss – ambitioniert, aber entschlossen: „Das kann ich besser.“
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Wie aus einer guten Idee ein richtig gutes Produkt wird
Tom hat jetzt ein Ziel vor Augen: Er möchte schon bald einen mobilen Espresso-Kocher auf den Markt bringen, der Wander- und Outdoor-Enthusiasten die Möglichkeit gibt, die Natur und gleichzeitig richtig guten Kaffee zu genießen. Obwohl Tom in seiner beruflichen Laufbahn immer angestellt war und sich selbst nicht gerade als Entrepreneur bezeichnen würde, sieht er seine Vision klar und deutlich. Er spürt eine gewisse Euphorie – und einen Motivationsschub, mit dem er seinen Tatendurst stillen will. Noch in seinem Wanderurlaub beginnt er zu recherchieren. Weil er weiß, dass es – das hat er zumindest gelesen – Gesetze und Vorschriften gibt, die man einhalten muss, damit es sein Plan überhaupt über den Status einer Idee hinausschafft.
Weil Tom es ernst meint, hängt er noch ein paar freie Tage an seinen Urlaub dran. Er möchte dem Projekt „mobiler Espresso-Kocher“ seine volle Aufmerksamkeit widmen und beginnt mit einer ersten Analyse. In dieser Phase stellt er sich selbst essentielle Fragen und definiert daraufhin Faktoren, die nicht nur über Funktion und Optik des Produktes entscheiden. Sondern auch darüber, wie und wo das Gerät vertrieben werden darf. Tom legt Folgendes fest:
- Zielgruppe: Menschen, die gerne draußen unterwegs sind, gleichzeitig Wert auf Genussmomente legen – und bereit sind, dafür Geld auszugeben.
- Zielmarkt: Seine Recherche hat ergeben, dass sich seine Zielgruppe sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU befindet. Außerdem interessant: Japan.
- Produktumgebung: Der Fokus liegt auf der Kompatibilität für Outdoor-Aktivitäten. Der mobile Espresso-Kocher soll aber auch für den Alltag attraktiv sein: Autofahrten, Picknick oder das Büro.
- Ansprüche an die Funktionsweise: zuverlässig Espresso kochen – aber so, dass Kaffeeliebhaber auf ihre Kosten kommen. Tom möchte außerdem, dass im Lieferumfang ein Pinsel, ein Tamper und ein digitales, mehrsprachiges Manual enthalten sind.
- Herstellung: Tom ist überzeugt von seinem Produkt. So sehr, dass er überlegt, ob die Erstauflage 1.000 oder direkt 5.000 Stück betragen soll.
Was Tom nicht weiß: Aus dem Impuls heraus, ein tolles Produkt auf den Markt zu bringen, führt er unbewusst bereits eine Konformitätsbewertung durch. Noch lange bevor der mobile Espresso-Kocher in Produktion gehen kann, definiert er schon jetzt Spezifikationen in Form von klaren Grenzen an sein Produkt – und erstellt eine Charakterisierung. Diese Faktoren sind entscheidend für den weiteren Prozess. Denn grundsätzlich gelten spezielle Anforderungen für den jeweiligen Zielmarkt. Da Tom die Markteinführung nicht nur in Deutschland, sondern gleich in mehreren Ländern plant, muss er bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das ist ihm aber in diesem Moment noch gar nicht bewusst.
Tom ist jetzt aber an einem Punkt, an dem er zwei wichtige Fragen beantworten muss: „Gibt es jemanden, der mich bestärkt, mein Produkt auf den Markt zu bringen?“ Und: „Gibt es jemanden, der es mir verbietet, mein Produkt auf den Markt zu bringen?“ Die Antworten liefern der konkrete Anwendungsbereich und seine Zielmärkte: auf seinen mobilen Espresso-Kocher warten produktgruppenbezogene Gesetze, an die er sich halten muss.
Für einen guten Espresso muss er also nicht nur sicherstellen, dass das heiße Wasser bei mindestens 90 °C mit einem Druck zwischen 15-20 bar durch das Kaffeepulver gepresst wird. Er muss in diesem Fall prüfen, ob die Richtlinie für Druckgeräte (Pressure Equipment Directive) für ihn relevant sein könnte. Generell gilt: Weil durch den mobilen Espresso-Kocher Strom fließt, sollte Tom sich mit der Niederspannungsrichtlinie befassen, ebenso mit der EMV-Richtline hinsichtlich elektromagnetischer Funktionsanforderungen. Oder auch mit der RoHS-Richtlinie und den darin beschriebenen Restriktionen zu gefahrbringenden Substanzen in Elektro- und Elektronikprodukten.
Ein Thema, das Tom besonders am Herzen liegt, ist die Langlebigkeit seiner Produkte. Als Orientierung dient ihm hier die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR). Sie legt fest, Produkte künftig so zu konzipieren, dass sie nicht nur langlebiger, sondern auch leichter zu reparieren und zu recyceln sind – ganz im Sinne einer Circular Economy.
Und weil Kaffeebohnen, auch im gemahlenen Zustand, zu Lebensmitteln zählen, ist die Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 für Tom entscheidend. In seinem Fall gibt es sogar eine spezielle Norm: DIN EN 16889. Sie beschreibt Hygiene-Anforderungen in Bezug auf „Abgabe von Heißgetränken aus Heißgetränkebereitern“ und stellt unter anderem sicher, dass keine unzulässigen Schadstoffmengen – beispielsweise von Blei oder auch Nickel – aus dem Behälter in den Espresso gelangen.
Wer ein Produkt auf den Markt bringt, übernimmt Verantwortung
Tom hat einen entscheidenden Schritt nach vorne gemacht. Aber wo Gesetze sind, gibt es auch Normen – zum Glück. Denn sie eröffnen ihm die Möglichkeit, zu verstehen, welche rechtlichen Schritte er erfüllen muss. Und vor allem: wie das funktioniert. Schon nach wenigen Minuten der Recherche merkt er: Es gibt ziemlich viele Normen – und noch mehr zu beachten. Er stößt auf vielseitige und scheinbar sehr komplexe Informationen, die sich aber mit der Zeit für ihn als sinnvoll und nachvollziehbar erweisen. Denn Tom versteht, dass Normen dafür sorgen, dass sein Produkt weltweit bestimmten Sicherheitsstandards entspricht. Und zuverlässig funktioniert. Das ist Tom ganz besonders wichtig: An seinem Gerät soll sich schließlich niemand die Finger verbrennen. Er lernt außerdem, dass Normen Produkte nachhaltiger machen und – entscheidend für Toms Pläne – den Zugang zu den Zielmärkten erheblich vereinfachen. Und genau dafür benötigt er Unterstützung.
Denn Tom hat jetzt eine Phase erreicht, in der er seine Vision in andere Hände geben muss. Da er schließlich nicht persönlich den mobilen Espresso-Kocher herstellen kann, profitiert er von der Erfahrung eines Dienstleisters, der seine Idee in ein Gerät verwandelt. Dieser hat mehrere Jahre Erfahrung in den Bereichen Produktentwicklung und Produktion – und verfügt über Know-how, das Tom in dieser Form nicht hat. So unterstützt der Dienstleister Tom im Entwicklungs- und Produktionsprozess, weil er weiß, welche Normen und Standards berücksichtigt werden müssen, damit Toms Idee Erfolg hat.
Und trotzdem: Am Ende, bestätigt durch eine unterzeichnete EU-Konformitätserklärung, das weiß Tom jetzt, ist er der Hersteller – und damit vollumfänglich für seinen mobilen Espresso-Kocher verantwortlich.
Tom hat es geschafft
Hinter Tom liegt ein langes und intensives Jahr – mit Höhen und Tiefen. Aber er hat es endlich geschafft: sein Produkt ist auf dem Markt. Nachdem der mobile Espresso-Kocher in Deutschland und Europa angelaufen ist und sogar online schon einmal ausverkauft war, plant Tom jetzt die Einführung nach Japan. Er steht in Kontakt mit einem Vertriebspartner, der großes Interesse an dem bei Outdoor-Fans so beliebten Gerät hat. Dieser stellt allerdings eine unmissverständliche Forderung: Sein Unternehmen vertreibt grundsätzlich nur Produkte, die für den japanischen Markt durch eine Drittbewertungsstelle zertifiziert wurden. Denn nur so, betont sein Kontakt, könne er den maximalen Schutz für die Endverbraucher in Japan gewährleisten. Eine EU-Konformitätserklärung reicht dafür nicht aus, denn die gilt nur für den europäischen Markt.
Nachdem Tom diese Information seinem Produktionsdienstleister mitteilt, weiß dieser jetzt, wie es weitergeht: er verweist ihn an eine Drittbewertungsstelle, die exakt die Art von Zertifizierungen durchführt, die Tom für den Japan-Export benötigt. Aufgrund des engen Austauschs mit seinem Dienstleister, ist er bestens vorbereitet. Der Zertifizierer ist begeistert als Tom ihm sein Produkt nicht nur mit sämtlichen technischen Daten, sondern auch den Nutzungsinformationen präsentiert. Dass Tom nicht mehr wie früher den Begriff „Gebrauchsanleitung“ verwendet, sondern lieber von Nutzungsinformationen spricht, bemerkt er gar nicht mehr. Das zeigt, wie tief er sich in die Thematik eingearbeitet hat.
Der Zertifizierer gibt grünes Licht. Und teilt Tom mit, welche Zertifikate für seinen Zielmarkt relevant sind. Der Zertifizierer möchte darüber hinaus wissen, ob Tom sich vorstellen kann, den mobilen Espresso-Kocher auch in anderen Regionen zu vertreiben? Tom, der vollends von seiner Vision überzeugt ist, stimmt zu. In diesem Fall gibt es eine klare Empfehlung: Tom, so der Zertifizierer, solle sein Produkt nach den harmonisierten IEC-Konformitätsbewertungssystemen zertifizieren lassen.
Entscheidend sind für ihn diese zwei: Das Konformitätsbewertungssystem IECEE kümmert sich um die Sicherheit, Qualität, Effizienz und Gesamtleistung von elektrischen und elektronischen Produkten. Und IECQ stellt die Qualität entlang der kompletten Lieferkette im Bereich der Circular Economy, mit den Schwerpunkten Ökodesign und Nachhaltigkeit sowie den Ausschluss schädlicher Substanzen und die Verifizierung des CO2-Fußabdrucks sicher. IECQ trägt außerdem dazu bei, die EU-Anforderungen der Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte und der RoHS-Richtlinien einzuhalten. Während diese lediglich eine Erststellenbewertung fordern, also eine Erklärung durch den Hersteller selbst, liefert die Zertifizierung bzw. Verifizierung nach „Circular Economy Services“ von IECQ durch eine unabhängige Drittstelle den klaren Nachweis.
Das ist, findet Tom, zunächst zwar ein gewisser Aufwand. Aber seitdem er weiß, welche enormen Auswirkungen der Ausgang dieser Prüf- und Zertifizierungsverfahren für seinen Erfolg haben können, kann er den Start gar nicht mehr abwarten. Denn entspricht der mobile Espresso-Kocher den Anforderungen, erhält Tom im Anschluss ein Zertifikat, das sein Produkt auf der ganzen Welt als sicher und zuverlässig klassifiziert. Mit nur einer einzigen Prüfung erhält Tom also ein Zertifikat, das weltweit gültig ist – „besser geht es nicht“, urteilt er.
Neben Europa und Japan kommen für den mobilen Espresso-Kocher jetzt also endlich auch Märkte wie der kanadische, der südafrikanische oder der australische in Frage. Dank der Zertifizierung nach IECEE und IECQ kann Tom seinen mobilen Espresso-Kocher ab sofort in jedes Land der Welt exportieren. Dieser Erfolg bedeutet den absoluten Höhepunkt in Toms Bemühungen, allen Outdoor-Freunden rund um den Globus mit einem nachhaltigen Genusserlebnis zu versorgen.
Diesen Moment feiert der Erfinder selbstverständlich standesgemäß: keine zwei Jahre später steht Tom wieder hier. Genau hier – mitten in den Bergen. Mit freier Sicht auf den glasklaren Bergsee. Der Ausblick ist derselbe. Nur ist das Gefühl in Toms Brust ein ganz anderes. Auf den Lippen: ein Lächeln. Und in der Hand eine Tasse. Mit frischem, brühendheißem Espresso.